Arbeitszeitverkürzung Minister Jung stellt sich quer
Hamburg/Mainz - Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall setzt zum Erhalt von Arbeitsplätzen auf eine neue Regelung beim Kurzarbeitergeld. Dabei solle die Wochenarbeitszeit mit staatlicher Hilfe weiter sinken, sagte Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser der "Welt am Sonntag".
Bundesarbeitsminister Franz Josef Jung (CDU) lehnte dies jedoch umgehend ab. "Das Ministerium unterstützt diesen Vorstoß nicht", zitiert das Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL in einem Vorabbericht vom Samstag einen Sprecher des Arbeitsministeriums. Die Gewerkschaft IG Metall hatte für die anstehende Tarifrunde in der Metallindustrie den Vorschlag gemacht, dass Betriebe in Not vorübergehend die 28-Stunden-Woche einführen dürfen. Dabei sollen für einen Teil der wegfallenden Stunden 25 Prozent des Lohns weitergezahlt werden. Der Staat soll diesen teilweisen Lohnausgleich von Abgaben und Steuern befreien.
Gesamtmetall griff den Vorschlag auf. Dabei würden sich die Firmen "auf Kosten der Solidargemeinschaft von Arbeitskosten entlasten", begründet das Arbeitsministerium seine Ablehnung. Zudem sei eine solche Lösung nicht im Sinn der betroffenen Arbeitnehmer, "denn dann verlieren sie Ansprüche an die Sozialversicherung". Überdies gebe es mit der erweiterten Kurzarbeit ein funktionierendes Steuerungsinstrument.
Jung sagte am Samstag auf der Bundesversammlung der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) von CDU und CSU in Mainz, die Kurzarbeit habe mit dazu beigetragen, dass Menschen in der Wirtschaftskrise in Betrieben gehalten werden konnten. Die Krise sei noch nicht bewältigt, deshalb sei es "richtig und notwendig", die Kurzarbeit zu verlängern. "Ich werde dem Kabinett vorschlagen, die Kurzarbeit um 18 Monate zu verlängern", betonte Jung.
Das deutsche Jobwunder in der Rezession
Gesamtmetall-Präsident Kannegiesser sprach sich für die verstärkte Anwendung des brancheneigenen Instruments zur Arbeitszeitverkürzung, des Tarifvertrags Beschäftigungssicherung, aus. "Eine weitere Absenkung auf beispielsweise 26 Stunden wäre meiner Meinung nach sinnvoll", sagte Kannegiesser. Das bisherige Modell der Kurzarbeit, bei dem die Kosten nicht im gleichen Maß wie die Beschäftigung sinken, "geht vielen an die Substanz", begründete Kannegiesser seinen Vorschlag.
Das Modell würde eine Beteiligung des Staates beinhalten. "Die IG Metall hätte bei weiteren Absenkungen gern einen Teillohnausgleich. Das wäre für uns nur eine realistische Option, wenn der steuer- und abgabenfrei gestellt würde - oder die Bundesagentur für Arbeit einen Zuschuss zahlen würde", erläuterte Kannegiesser.
Dieses "kleine Kurzarbeitergeld" wäre für viele Unternehmen attraktiver, "da flexibler anwendbar und günstiger". Für den Beitrags- und Steuerzahler würde es nicht teurer als die herkömmliche Kurzarbeit, versicherte Kannegiesser. Allerdings könne die neue Kurzarbeit keine Dauerlösung sein: Auch diese Variante müsse "auf das mit hoher Sicherheit noch äußerst problematische Jahr 2010 begrenzt werden".
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte der "Wirtschaftswoche", die Kurzarbeit habe sich "sehr bewährt". Allerdings dürfe sie kein Dauerzustand werden, sie sei trotz der Entlastung bei den Sozialabgaben für die Unternehmen teuer. "Die Kosten für die Wirtschaft liegen 2009 bei rund fünf Milliarden Euro", sagte der Arbeitgeberpräsident.
Weltweit findet derzeit das deutsche Jobwunder Beachtung - obwohl die deutsche Wirtschaft mit einem Minus von rund 5 Prozent in diesem Jahr eine besonders heftige Rezession erlebt, ist die Beschäftigung bislang nahezu stabil geblieben. Länder wie Großbritannien, Spanien oder die USA dagegen verbuchen geringere Einbrüche, doch dort hat sich die Arbeitslosenzahl im Lauf der Krise verdoppelt oder gar verdreifacht. Nach Angaben des gewerkschaftsnahen Forschungsinstituts WSI haben vor allem flexible Instrumente der Betriebe wie Arbeitszeitkonten geholfen, Arbeitsplätze zu erhalten - noch vor der Kurzarbeit, die bis zu 1,5 Millionen Beschäftigten betraf.
manager-magazin.de mit Material von ddp