Wirtschaftswachstum "Nach wie vor in einem tiefen Tal"
Berlin - Konjunktur im Aufwind, aber Milliardenlöcher durch schwarz-gelbe Steuergeschenke: Die fünf Wirtschaftsweisen sagen der deutschen Wirtschaft für 2010 ein kleines Comeback voraus. Das Bruttoinlandsprodukt könnte im kommenden Jahr um 1,6 Prozent steigen (bisherige Regierungsprognose: 1,2 Prozent). Das geht aus dem neuen Jahresgutachten der Regierungsberater hervor, berichten "Handelsblatt" und "Financial Times Deutschland". Das Gutachten wird am Freitag Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin überreicht.
Die Arbeitslosenzahl soll dennoch um eine halbe Million Menschen auf fast vier Millionen steigen. Im laufenden Jahr schrumpfe die Wirtschaft um 5,0 Prozent, hieß es am Donnerstag. Die Zahl der Arbeitslosen steigt dem Gutachten zufolge 2010 auf jahresdurchschnittlich 3,965 Millionen. Im laufenden Jahr sei durchschnittlich mit 3,432 Millionen Erwerbslosen zu rechnen, so die Wirtschaftsweisen.
Ein Großteil der Unternehmen werde sich im ersten Quartal 2010 "wohl nicht für eine Verlängerung der konjunkturellen Kurzarbeit entscheiden", schreiben die fünf Wirtschaftsprofessoren. In der ersten Hälfte 2010 werde es infolge von Kapazitätsanpassungen in den Unternehmen zu einem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit kommen. "Saisonbereinigt dürfte die Zahl der Arbeitslosen in diesem Zeitraum um etwas mehr als 500.000 Personen steigen, und damit so stark wie noch nie seit der Wiedervereinigung, sieht man von der Sondersituation zum Jahreswechsel 2004/2005 nach der Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe ab", zitierte das Blatt aus dem Gutachten.
Das deutsche Staatsdefizit steige 2009 auf 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), 2010 erreiche die Defizitquote dann 5,1 Prozent des BIP und liege damit deutlich über der zulässigen Höchstgrenze des EU-Stabilitätspakts von 3,0 Prozent. Das "Handelsblatt" zitierte aus dem Gutachten "So erfreulich das Ende der Abwärtsdynamik ist, die deutsche Volkswirtschaft befindet sich konjunkturell nach wie vor in einem tiefen Tal." Die leicht positiven Signale für das Jahr 2010 gäben keinen Anlass zu euphorischen Einschätzungen.
Steuersenkungen vertagen
Die Wirtschaftsweisen kritisierten demzufolge auch die geplanten Steuersenkungen der schwarz-gelben Koalition. "Im Bereich der Einkommensteuer sieht der Sachverständigenrat zwar langfristigen Handlungsbedarf, aber in den kommenden Jahren nicht die Notwendigkeit für tarifbedingte Einkommensteuerentlastungen", zitierte die FTD aus dem Gutachten, das am Freitag veröffentlicht wird.
Durch die Konjunkturprogramme und die höhere Absetzbarkeit der Krankenkassenbeiträge würden die Steuerzahler "bereits massiv und dauerhaft entlastet". Die Steuererleichterungen würden den ohnehin schon enormen Konsolidierungsbedarf der öffentlichen Haushalte zusätzlich erhöhen.
Schon ohne die Steuersenkungen müsse allein der Bund ab 2011 jedes Jahr erneut sechs Milliarden Euro sparen, um die Vorgaben der Schuldenbremse zu erfüllen. Die Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages zum 1. Januar 2010 entlaste Familien zwar zusätzlich um 4,6 Milliarden Euro, werde die Konjunktur aber kaum ankurbeln. "Zu der von den Koalitionsparteien erhofften spürbaren Steigerung des wirtschaftlichen Wachstums dürften diese Maßnahmen so gut wie nichts beitragen", schreiben die Wirtschaftsweisen dem Bericht zufolge.
manager-magazin.de mit Material von ap, ddp und reuters