IG-Metall-Chef Huber "Allein mir fehlt der Glaube"
Hamburg - "Kein Mensch hat bisher ein ausgestaltetes Konzept für Opel gesehen", sagte Huber am Mittwochabend vor dem Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten. "Man muss mehr bieten als eine Entschuldigung", so der IG-Metall-Chef weiter. Die Aussagen des GM-Managements müssten auch "belastbar sein". Aktuell gäbe es aber nicht viel mehr als die Ansage, rund 10.000 Stellen abbauen zu wollen.
Allen Charmeoffensiven der Amerikaner zum Trotz machte der Gewerkschaftsboss aus seinem Vertrauensverlust Richtung Detroit keinen Hehl. "Die Worte hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube", sagte Huber.
Ob durch den neuen GM-Europa-Chef Nick Reilly eine Verbesserung des Verhandlungsklimas zu erwarten sei, wagte er nicht einzuschätzen. Seine britischen Kollegen hätten ihm immerhin berichtet, dass man mit Reilly "auskommen könne". Unabhängig davon bleibe die IG Metall aber bei ihren Forderungen - keine betriebsbedingten Kündigungen und Erhalt aller Standorte.
An der Zukunftsfähigkeit von Opel zweifelt Huber weiterhin nicht: "Opel ist - wenn es eine Sanierungschance erhält - gut aufgestellt." Man könne "doch nicht die Kinder dafür bestrafen, wenn Vater oder Mutter Mist bauen", sagte der Gewerkschaftschef.
So scharf Hubers Ton in Richtung GM-Management auch war, schlug er bezüglich der anstehenden Tarifrunde 2010 durchaus moderate Töne an. Der 59-Jährige deutete an, dass die Gewerkschaft möglicherweise keine sehr hohen Gehaltsforderungen stellen würde. "Die Hauptaufgabe der Gewerkschaften in der Krise ist es, Beschäftigung zu sichern und die Einkommen der Beschäftigten", sagte Huber.
Auch wenn laut Huber von Verzicht "überhaupt keine Rede sein" könne, gäben die von den Konjunkturforschern erwarteten Inflationsraten zwischen 0,4 und 1,2 Prozent den Spielraum vor, der zur Einkommenssicherung zur Verfügung stehe. Huber sprach sich dafür aus, angesichts der Wirtschaftskrise von der "alten Logik" abzuweichen, in der die Gewerkschaften ihre Lohnforderungen aus Inflationsausgleich und Produktivitätsfortschritt zusammengestellt haben.
Die Metallindustrie leide derzeit unter hohen Produktivitätseinbußen. Es werde daher in erster Linie darum gehen, die Kaufkraft der Beschäftigten zur Stabilisierung der Binnenkonjunktur zu sichern. Damit die Menschen auch Geld ausgeben könnten, gehöre die Sicherung der Arbeitsplätze dazu. Die IG Metall will angesichts des prognostizierten Anstiegs der Arbeitslosigkeit auf über vier Millionen mit den Arbeitgebern über weitere Möglichkeiten zur Beschäftigungssicherung sprechen. Voraussetzung dafür sei, dass die Bundesregierung wie angekündigt die Kurzarbeit über 2009 hinaus verlängere, sagte der IG-Metall-Chef.
Der derzeitige Tarifvertrag für die 3,5 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie läuft bis Ende April. Darin hatte die IG Metall zweistufige Lohnerhöhungen um insgesamt 4,2 Prozent für 18 Monate sowie eine Einmalzahlung durchgesetzt. Die Einigung sah zu dem vor, dass Firmen mit wirtschaftlichen Problemen die für Mai 2009 vorgesehene zweite Erhöhungsstufe von 2,1 Prozent um bis zu sieben Monate verschieben konnten.
Auf die Frage, ob angesichts der aktuellen Krise ein Vorziehen der Tarifrunde denkbar sei, sagte Huber, dass man darüber mit den Arbeitgebervertretern im Gespräch sei. Als Beispiel für die gute Zusammenarbeit mit der Gegenseite merkte Huber an, dass er zum Beispiel beim Thema Verlängerung der Kurzarbeiterregelung einen gemeinsamen Brief mit Gesamtmetall-Chef Martin Kannegiesser an die Bundesregierung verfasst habe.
Zum Schluss gab Huber der neuen Bundesregierung noch den Rat, dringend Industriepolitik zu betreiben. So dürfe sich zum Beispiel beim von der aktuellen Krise stark gebeutelten Schiffbau nicht das Gleiche wie bei der Batterietechnologie wiederholen. Dort sei einst Know-how aufgegeben worden, dass nun zum Bau von Elektroautos mit Hilfe ausländischer Partner mühsam wieder aufgebaut werden müsse. Denn "jenseits von Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft" sei für ihn der industrielle Sektor weiterhin "die Basis der wirtschaftlichen Entwicklung".
Mit Material der Nachrichtenagenturen