Studie Deutsche sind Konjunkturoptimisten
Düsseldorf - Aufschwung, Abschwung oder Stagnation? Ob die Wirtschaftskrise nun vorbei ist oder schon die nächste droht - darüber gehen die Meinungen deutlich auseinander. Obwohl alle Konjunkturdaten auf eine sanfte Wirtschaftsbelebung hindeuten, glaubt kaum ein Konjunkturforscher, dass das Ende der Probleme erreicht ist: Die Erholung täusche, der nächste Abschwung stehe bevor.
Die Bundesbürger sehen das ganz anders. Die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung verzeichnete im September einen Jahreshöchstwert des Indexes, der die Verbraucherstimmung spiegelt. Und nun stellt sich heraus: Die Zuversicht ist sogar weit stärker als bei den europäischen Nachbarn.
Die Unternehmensberatung AlixPartners fand in einer länderübergreifenden Umfrage heraus: 25 Prozent der Deutschen beklagen, dass sich ihre persönliche finanzielle Situation wegen der Krise verschlechtert hat. In Italien und Großbritannien tut das dagegen fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent).
Weniger Markenprodukte, weniger Autofahrten
13 Prozent der befragten Deutschen mussten nach eigenen Angaben ihr Budget einschränken und geben nun weniger aus als vor der Krise. In Italien waren es 27 Prozent, in Schweden 29, in Großbritannien sogar 31.
Trotzdem macht sich die Krise bemerkbar. 73 Prozent der befragten Deutschen gehen sehr viel vorsichtiger mit ihrem Geld um als vorher: Sie aßen der Umfrage zufolge seltener in Restaurants (49 Prozent), kauften weniger Markenprodukte (38 Prozent), fuhren weniger mit dem Auto (33 Prozent), kauften öfter als zuvor beim Discounter (29 Prozent), kauften mehr Handelsmarken (23 Prozent) und verbrachten mehr Zeit vor dem Fernseher (14 Prozent).
Stärker betroffen sind naturgemäß Geringverdiener und Rentner, die über wenige Sparreserven verfügen. Auf die Frage, was sie am meisten vermissen, nannten die Befragten vor allem Restaurantbesuche (29 Prozent), Autofahren (zwölf Prozent), Kinobesuche (neun Prozent) und Möbelkäufe (acht Prozent).
Viele Anschaffungen nur aufgeschoben
Insgesamt aber gehen nur die wenigsten Befragten (14 Prozent) davon aus, sich langfristig einschränken zu müssen. 32 Prozent der Deutschen hatten geplante größere Einkäufe wie Möbel oder Flachbildschirme wegen der Krise auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, wollen sie aber noch in diesem Jahr (sechs Prozent) oder im nächsten Jahr (42 Prozent) nachholen. "Nach dem Motto 'aufgeschoben ist nicht aufgehoben' dürfte sich bei Möbeln und Flachbildschirmen der Investitionsstau mit dem Ende der Krise auflösen", sagt Detlev Schauwecker, Managing Director von AlixPartners.
Was die gesamtwirtschaftliche Lage angeht, sind die Deutschen optimistisch. Zwei Drittel glauben der Studie zufolge, die Rezession sei gestoppt - 38 Prozent sind überzeugt, die deutsche Wirtschaft wachse nun wieder, und 28 Prozent meinen, sie bleibe zunächst etwa auf dem aktuellen Niveau.
Die Deutschen sind deutlich zuversichtlicher als die Menschen in anderen europäischen Ländern. Nur rund ein Viertel der Befragten (24 Prozent) zeigt sich sehr besorgt über die Wirtschaftslage. In Italien sind es 59 Prozent, in Frankreich 46 und in Großbritannien 44. Nur die Schweden (21 Prozent) sind noch zuversichtlicher als die Deutschen.
Überraschend für Experten
Die positive Grundhaltung überrascht auch die Experten. In früheren Umfragen hätten sich die Deutschen regelmäßig sehr viel skeptischer als ihre Nachbarn über die Zukunftsaussichten geäußert, sagt Studienautor Schauwecker - das jetzige Ergebnis lasse auf großes Selbstvertrauen in die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft schließen.
Grund genug hätten sie. Denn anders als viele Nachbarstaaten haben sich die Deutschen mit Lohnzurückhaltung und der Kürzung von Sozialleistungen Reformen unterzogen, die sich zum Beispiel Frankreich und Italien erspart haben. Auch die Konjunkturprogramme zeigen Wirkung - die Abwrackprämie half, den Autoabsatz auf ein Rekordhoch zu steigern, und auch das Kurzarbeitergeld macht sich bemerkbar. Es half den Betrieben, die Produktion zu kürzen, ohne dass die Mitarbeiter übermäßig hohe Lohneinbußen in Kauf nehmen mussten.
Beide Maßnahmen wurden allerdings mit einer überbordenden Staatsverschuldung erkauft, die in den kommenden Jahren abgetragen werden muss. Das immerhin ist auch den Verbrauchern bewusst. Ein Drittel der Befragten zeigte sich überzeugt, dass Deutschland möglicherweise erst 2014 wieder das Wohlstandniveau vor der Krise erreicht - 25 Prozent befürchten sogar, dass es noch länger dauert oder sogar nie mehr soweit kommt.
Übersicht: Wofür die Deutschen nach der Krise Geld ausgeben wollen