Soffin-Chef Rehm "Wir werden mit den 500 Milliarden auskommen"
Hamburg - Hannes Rehm und der Chefposten des staatlichen Bankenrettungsfonds Soffin - ein Mann, der offenbar nicht anders sein kann als stets beherrscht und immer etwas belehrend, und ein Job, für den man wohl genau so sein muss. Für die enteigneten Aktionäre Hypo Real Estate (HRE) eine allzu provozierende Kombination. "Rehm ans Pult" hatten sie auf der wohl letzten Hauptversammlung der verstaatlichten Pleitebank am Montag gefordert. Doch so leicht lässt sich ein Hannes Rehm nicht stellen - der Soffin-Chef verließ kommentarlos den Saal.
Auch am Dienstagabend wählte Rehm vor dem Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten lieber das Florett, zitierte Max Frisch ("Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen") und interpretierte Heinrich Heine neu ("Denk ich an die Banken in der Nacht, ... ). Seine Verspätung begründete der 66-Jährige mit dem Satz: "In Hannover war der Lokführer nicht da, offenbar funktionieren nun auch bei der Bahn die Termingeschäfte nicht mehr."
Es sind wohl genau solche Sätze, die Rehm für Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Wunschkandidaten für den Steuerstand des Soffin gemacht haben. Und Rehm, der übrigens auch an diesem Abend offen ließ, ob die Kanzlerin ihn persönlich für den insgesamt 500 Milliarden Euro schweren Rettungsdampfer schanghait hat, legte beim Thema Bonuszahlungen nach: "Es geht nicht, dass Manager bei der Gewinnbeteiligung wie Unternehmer und bei Verlusten wie Angestellte behandelt werden wollen." Und weiter: "Möglicherweise haben wir nicht nur eine Bankenkrise, sondern auch eine Krise der Werte."
"Wir sind noch nicht durch"
Doch bevor es an den gesellschaftlichen Umbau gehen kann, muss erstmal Kärnerarbeit am Finanzsystem geleistet werden. "Wir sind noch nicht durch", warnte Rehm davor, zum Beispiel die wieder sprudelnden Gewinne im Investmentbanking falsch zu deuten. Denn auch wenn man schon "ein gutes Stück vorangekommen" sei, dürfe man die neuen Herausforderungen für die Banken durch zusätzliche Eigenkapitalanforderungen und die angesichts einer schwächelnden Konjunktur zu erwartenden höheren Kreditausfälle nicht unterschätzen.
Rehm zeigte sich vor diesem Hintergrund erstaunt darüber, dass große Teile der Kreditwirtschaft bisher die Möglichkeiten zur Gründung einer Bad Bank nicht nutzen würden. Zwar sei man über die bekannten Kandidaten hinaus - die WestLB hat einen Antrag gestellt, die HRE einen solchen angekündigt - auch noch mit anderen Instituten im Gespräch. Spruchreife Ergebnisse gebe es aber nicht. Man müsse offensichtlich noch mehr Aufklärung über die Instrumente des Soffin betreiben, so Rehm.
Kritik an LBBW-Spitze
Das war dann aber auch der einzige und wirklich nur hauchzarte Anflug von Selbstkritik bei Rehm an diesem Abend. Für seine einstigen Kollegen hatte der ehemalige NordLB-Chef (2004 bis 2008) hingegen für ihn schon fast untypisch klare Worte im Gepäck. So hätten die jüngst bei der LBBW publik gewordenen zusätzlichen Verluste gezeigt, dass der Vorstand der Bank offenbar "keine Vorstellungen über das Risikopotenzial" in den eigenen Büchern habe.
Auch die HSH Nordbank, deren Chef Dirk Jens Nonnenmacher sein Haus ohne Hilfe des Rettungsfonds in eine Kernbank und eine Abwicklungsbank aufspalten will, bekam vom Soffin-Primus ihr Fett weg. "Ich empfehle der Bank, sich mit der Soffin-Lösung zu befassen", sagte Rehm. Nach der Herabstufung durch die Ratingagenturen sei zu fragen, ob das bislang verfolgte Geschäftsmodell der HSH noch tragfähig sei.
Laut Rehm, der seit Februar dieses Jahres dem Soffin vorsteht, seien von den für Garantien möglichen 400 Milliarden Euro bisher 132 Milliarden Euro abgerufen worden, hinzu kämen 25 Milliarden Euro direkte Finanzspritzen. Auf die Frage, wie viele Milliarden der gewährten Garantien und Rekapitalisierungen denn nicht zurückfließen würden und damit endgültig durch den Steuerzahler zu tragen seien, antwortete Rehm mit einer Mischung aus Ironie und Diplomatie: "Insgesamt werden wir mit den 500 Milliarden auskommen."