Millionenbetrug Abwrackprämie macht Autoschieber reich
Berlin - Nach Berichten über womöglich Zehntausende Betrugsfälle bei der Abwrackprämie hat Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) eine rasche Aufklärung der Vorwürfe gefordert. "Dem wird man nachgehen müssen", sagte der Minister der am Mittwoch in Berlin. "Möglicherweise müssen gewährte Vorteile wieder eingeholt werden - so wie bei allen anderen Missbrauchstatbeständen auch".
Die "Bild"-Zeitung (Mittwoch) hatte unter Berufung auf Schätzungen des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) berichtet, dass bis zu 50.000 in Deutschland abgewrackte Fahrzeuge illegal ins Ausland verkauft worden sind. Bis zu 10 Prozent der bisher verschrotteten Fahrzeuge seien demnach nach Afrika und Osteuropa transportiert worden. Träfe dies zu, hätte der Staat mindestens 125 Millionen Euro zum Fenster rausgeschmissen.
Nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) haben bisher mehr als 500.000 Bundesbürger ihr Altfahrzeug abgewrackt und dafür die Prämie von 2500 Euro kassiert. Das auch für die Auszahlung der Prämie zuständige Amt zeigte sich indes überrascht. "In diesem Maße war uns das nicht bekannt", sagte Bafa-Sprecher Holger Beutel. Das Amt habe bislang Kenntnis von weniger als 100 Missbrauchfällen. Man werde dem Verdacht jetzt nachgehen. Die Zahl von 50.000 hält man beim Bafa aber gleichwohl für "nicht zutreffend".
Es ist offenbar ein Kinderspiel, zu betrügen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) rechnet dagegen sogar mit einer weiteren Zunahme auf bis zu 100.000 Betrugsfälle. Der Verband erklärte, das Abwrackprogramm entwickele sich zu einem Debakel für den Rechtsstaat und einem "Förderprogramm für die organisierte Kriminalität".
Bereits zu Jahresbeginn hatte der Verband mit Testpersonen aufgezeigt, wie einfach es ist, ein offiziell abgewracktes Fahrzeug nach Osteuropa oder Afrika zu verkaufen. Die Tester konnten das Auto sogar erneut in Deutschland anmelden und dennoch alle notwendigen Papiere für die 2500 Euro Abwrackprämie erhalten.
"Organisierte Recycler machen Geschäfte"
Der stellvertretende BDK-Vorsitzende Wilfried Albishausen sagte der "Bild": "Organisierte Recycler machen hier Geschäfte." Die Betrugsfälle könnten nicht in der Kriminalstatistik erfasst werden, kritisierte er, denn die Rechtslage sei "völlig unklar". Der Beamte forderte eine schärfere Aufsicht für die Entsorgungsbetriebe. Das Dilemma aus seiner Sicht: "Man hätte bei der Abwrackprämie von Anfang an vorsehen müssen, dass die Ordnungsbehörden bei den Recycling-Unternehmen entsprechende Kontrollen durchführen."
Hat der Betrug Folgen für ehemalige Auto-Besitzer?
Vielen Menschen, die ihr Auto im guten Glauben abgewrackt haben, stellt sich jetzt die bange Frage, ob sie die Prämie zurückzahlen müssen, sollte ihr Fahrzeug fahrbereit irgendwo wieder auftauchen. Wolfgang Tings, Fachanwalt für Verkehrsrecht beim Auto Club Europa (ACE), gibt Entwarnung.
Voraussetzung für die Abwrack- beziehungsweise Umweltprämie ist ein sogenanntes Verwendungsnachweisformular. Auf diesem Formular muss sich zudem die verbindliche Erklärung eines anerkannten Entsorgers befinden, dass das Altfahrzeug verschrottet wurde. "Wer so eine Bescheinigung hat, ist rechtlich aus dem Schneider", sagt Tings.
Das Formular für den Verwendungsnachweis entspreche laut Tings einem Vertrag zwischen dem bisherigen Fahrzeugbesitzer und dem Entsorger. Der Autofahrer könne nicht dafür belangt werden, dass es möglicherweise keine rechte Kontrolle darüber gibt, was mancher Entsorger tatsächlich mit den Autos macht.
mit Material von Nachrichtenagenturen