Deutsche-Bank-HV Heftige Kritik an Chefaufseher Börsig
Frankfurt am Main - Niemand könne den Verlauf des Jahres exakt vorhersehen, sagte Ackermann in seiner Rede vor den Aktionären. Einige Konjunkturindikatoren deuteten zwar auf ein Ende des Abschwungs hin. Vor einer Belebung sei aber zunächst eine Bodenbildung zu erwarten. "Die Konjunkturentwicklung dürfte also eher einem U als einem V gleichen", betonte Ackermann.
Die Bank stellt sich auch auf verschärfte regulatorische Vorgaben ein. "Die Regulatoren werden das Korsett enger schnallen", sagte Ackermann. Diese zusätzlichen Sicherheitspuffer etwa beim Eigenkapital würden die Gewinne der Bankenbranche belasten. "Das Bankgeschäft wird insgesamt traditioneller und der Kampf um Kunden wird sich weiter verstärken."
Für die Deutsche Bank gab sich Ackermann aber optimistisch: Es gebe keinen Grund, von dem Geschäftsmodell mit dem Kerngeschäft Investmentbanking abzurücken. Mit einer Kernkapitalquote von 10,2 Prozent sei das Institut gut kapitalisiert.
"Gute Entwicklung hält auch im zweiten Quartal an"
An der Börse gab die Aktie der Deutschen Bank in einem schwachen Marktumfeld rund 3 Prozent nach. Nach dem guten Start ins Jahr bleibt Ackermann jedoch optimistisch: Nach der Rückkehr in die schwarzen Zahlen zu Jahresbeginn halte die gute Entwicklung der Deutschen Bank auch im zweiten Jahresviertel an.
"Unsere Kerngeschäftsfelder wurden mit Blick auf das gewandelte Umfeld optimiert", sagte Ackermann. "Die ersten erfreulichen Resultate, die sich im zweiten Quartal fortgesetzt haben, sind bereits zu verzeichnen." Er betonte: "Wir haben die Chance, aus dieser Krise gestärkt hervorzugehen."
"Auch wir haben Fehler gemacht"
Ackermann bemühte sich in seiner Rede aber auch um versöhnliche Töne. Die Finanzinstitute, auch die Deutsche Bank, hätten Fehler gemacht, Risiken falsch eingeschätzt und zum Teil sogar übersehen. Die Anreize für "kurzfristige Erfolge" seien zu hoch gewesen.
Man sei wie die anderen Marktteilnehmer auch "in einem vom Zeitgeist geprägten überzogenen Optimismus gefangen gewesen". Man müsse jetzt "aus Fehlern lernen".
Die Banken müssten "froh sein, dass die öffentliche Hand und damit der Steuerzahler das Finanzsystem vor dem Zusammenbruch bewahrt habe", betonte Ackermann. Dafür gebühre ihnen Dank.
"Wir setzen die Expansion der DWS fort"
Bekenntnis zur Fondstochter DWS - keine Abspaltung
Die Deutsche Bank hat sich außerdem zu ihrer Fondstochter DWS bekannt und ist damit Spekulationen über deren mögliche Abspaltung entgegengetreten. "Sowohl das institutionelle Anlagegeschäft als auch das Publikumsfondsgeschäft der DWS bleiben integrale und wichtige Bestandteile des Geschäftsbereichs Asset Management", sagte Ackermann. "Die Expansion der DWS setzen wir unvermindert fort."
Deutschlands Branchenprimus war im Auftaktquartal 2009 mit einem Gewinn von 1,2 Milliarden Euro wieder in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt. Die als "stabil" gepriesenen Bereiche Privatkunden und Vermögensverwaltung enttäuschten aber. In den Medien war daraufhin über einen drastischen Umbau des Geschäfts spekuliert worden.
Im abgelaufenen Quartal schrieb insbesondere das Investmentbanking erstmals seit mehr als einem Jahr wieder schwarze Zahlen - Grund war der Anleihe-Boom in den ersten drei Monaten. Experten gehen aber davon aus, dass dieser Effekt im Jahresverlauf nachlässt.
Todenhöfer verteidigt Börsig - heftige Kritik von Aktionärsvertretern
Der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, Clemens Börsig, hatte entgegen anderslautender Meldungen nach Darstellung der Bank "keine Ambitionen" auf den Chefposten der größten deutschen Bank. Der Aufsichtsrat habe bei der Suche nach einem Nachfolger für Bankchef Josef Ackermann zwar durchaus alle Alternativen bedacht - "bis hin zu der Notwendigkeit, Dr. Börsig in die Pflicht zu nehmen", sagte Aufsichtsrat Tilman Todenhöfer auf der Hauptversammlung am Dienstag in Frankfurt.
Börsig habe jedoch deutlich gemacht, "dass er in dieser Hinsicht keinerlei Ambitionen hat, sondern Vorsitzender des Aufsichtsrates bleiben möchte". Börsig habe während des gesamten Prozesses "keine eigenen Ziele verfolgt", betonte der Vorsitzende des mit Personalfragen betrauten Präsidialausschusses des Aufsichtsrates.
Der Aufsichtsrat hatte Ende April überraschend Ackermanns Vertrag um drei Jahre bis 2013 verlängert. Laut Medienberichten wollte angeblich Börsig selbst Ackermann beerben, war damit aber bei mehreren Aufsichtsräten abgeblitzt.
Börsig hat "Werkzeuge für eigene Demontage geliefert"
Heftige Kritik von den Aktionären musste besonders Aufsichtsratschef Börsig einstecken - und zwar für seine Rolle bei der Suche nach einem Nachfolger für Ackermann. "Durch Ihr unglückliches Vorgehen haben Sie selbst die Werkzeuge für Ihre eigene Demontage geliefert", monierte Nieding. Ein Kleinaktionär wurde noch deutlicher: "Treten Sie zurück, Herr Börsig", sagte er.
Börsig hatte sich Finanzkreisen zufolge selbst als neuer Vorstandschef ins Spiel gebracht, scheiterte damit aber. Ackermanns Vertrag wurde schließlich verlängert. Der Aufsichtsrat betonte am Dienstag, der 60-Jährige habe keine eigenen Ziele verfolgt bei der Nachfolgesuche. Das Gremium stärkte seinem unter Druck geratenen Vorsitzenden in einer Erklärung demonstrativ den Rücken.
Ein Wechsel des Aufsichtsratschefs an die Spitze des Vorstands wäre nach Einschätzung der Schutzvereinigung der Kapitalanleger (SdK) nicht mit den Prinzipien der guten Unternehmensführung vereinbar gewesen. "Dies zeugt von einem merkwürdigen Verständnis von Corporate Governance", kritisierte SdK-Chef Klaus Schneider. "Die Verlängerung des Vertrags von Ackermann war die beste Lösung für die Deutsche Bank."
Ackermann hält an 25-Prozent-Renditeziel fest
Ackermann hält an 25-Prozent-Renditeziel fest
Josef Ackermann hat unterdessen sein umstrittenes Renditeziel erneut verteidigt. Die angestrebten 25 Prozent Eigenkapitalrendite vor Steuern erreiche der Dax-Konzern "nicht, wie manche behaupten, weil wir übermäßige Risiken eingehen", sagte Ackermann am Dienstag auf der Hauptversammlung in Frankfurt. "Wir erreichen diese Rendite, weil wir ein überzeugendes Geschäftsmodell und eine starke Marktposition haben."
Derartige Renditen erzielten die besten Banken der Welt. Für Deutschlands größte Bank sollte es nach Ansicht Ackermanns "selbstverständlich sein, zu dieser Weltspitze zu gehören".
Ackermann hatte sein 25-Prozent-Ziel nach der Rückkehr in die Gewinnzone im ersten Quartal 2008 bekräftigt und war dafür angesichts von Wirtschafts- und Finanzkrise harsch kritisiert worden. Vor den Aktionären sagte Ackermann: Es sollte "ein Grund zur Freude sein, wenn gerade in Zeiten wie diesen die Deutsche Bank einen guten Gewinn erwirtschaftet. Ein Gewinn, der sie in die Lage versetzt, zu wachsen, Risiken zu verkraften, Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen".
Nach tiefroten Zahlen 2008 hatte Deutschlands größte Bank für die ersten drei Monate 2009 einen Überschuss von 1,2 Milliarden Euro ausgewiesen.
Aktionäre fordern Klarheit in Datenaffäre
Aktionärsvertreter fordern von Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann außerdem Klarheit über die Datenaffäre des Instituts. Es müsse offengelegt werden, was Ackermann, seine Vorstandskollegen und Aufsichtsratschef Clemens Börsig von möglichen Spitzelaktionen gewusst hätten, sagte Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Nieding forderte personelle Konsequenzen, wenn die Prüfungen ein entsprechendes Fehlverhalten ergäben.
Die Aufklärung der Datenaffäre erklärte Ackermann zur Chefsache. "Ich habe mich selbst an die Spitze der Untersuchung gestellt", sagte der Schweizer auf der Hauptversammlung am Dienstag. "Wir werden die Vorgänge voll aufklären." Die bislang vorliegenden Erkenntnisse zeigten, dass es kein systematisches Fehlverhalten in der Bank gegeben habe. Es gehe vielmehr um wenige zeitlich weit zurückliegende Einzelfälle. Die Untersuchungen gingen bis in die 1990er Jahre zurück. Die Vorfälle seien weder 2008 noch 2009 passiert. Weitere Details könne er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht nennen.
Die Bank hatte am Freitagabend Regelverstöße im Zusammenhang mit der Konzernsicherheit eingeräumt. Die Finanzaufsicht ordnete eine Sonderprüfung an. Finanzkreisen zufolge sind auch hochrangige Manager von einer möglichen Bespitzelungsaktion betroffen.
manager-magazin.de mit Material von Nachrichtenagenturen