Autokrise? Fiat-Chef Sergio Marchionne denkt lieber an die blühende Zukunft. Ein Bündnis von Fiat, Chrysler und Opel soll einen neuen Autoriesen schaffen, der rund 80 Milliarden Euro Umsatz erreicht und den VW-Konzern überholt, schwärmt er. Die Minister Guttenberg und Steinmeier, die Marchionne heute trifft, sind skeptischer.
Rom/Berlin - Unmittelbar vor einem Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat Fiat-Chef Sergio Marchionne Einzelheiten seiner Übernahmepläne für den deutschen Autobauer Opel genannt.
Aus
Fiat, dem US-Autobauer Chrysler und Opel solle eine neue Aktiengesellschaft hervorgehen, sagte er der britischen Zeitung "Financial Times" (Montagsausgabe). Diese solle jährlich bis zu sieben Millionen Autos verkaufen und Einnahmen von rund 80 Milliarden Euro pro Jahr einfahren.
Damit würde Fiat/Opel zur weltweiten Nummer zwei hinter dem japanischen Autobauer Toyota
Motor aufsteigen. "Aus technischer und industrieller Sicht ist das eine im Himmel geschlossene Hochzeit", sagte Marchionne. Die Aktie von
Fiat legte am Montag im frühen Handel zeitweise um mehr als 7 Prozent zu.
Von einer "Hochzeit im Himmel" hatte seinerzeit auch der ehemalige Daimler-Chef Jürgen Schrempp nach der Fusion mit Chrysler gesprochen. Für Daimler-Aktionäre entpuppte sich das Unterfangen in den Folgejahren als gigantische Kapitalvernichtung. Inzwischen hat sich Daimler wieder komplett von Chrysler getrennt.
Durch eine Fusion von Fiat und Opel könnten jährlich rund eine Milliarde Euro eingespart werden. Nach Berechnungen der "Financial Times" anhand von ähnlichen Fusionen in der Vergangenheit könnten bis zu 9000 Arbeitsplätze bei einem solchen Zusammenschluss verlorengehen.
Gespräche mit Guttenberg und Steinmeier
Gespräche mit Guttenberg und Steinmeier
Der Fiat-Chef trifft am Montag neben Guttenberg auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Marchionne ist auch mit Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz verabredet.
Fiat denkt außerdem über eine Fusion seiner Autosparte mit General Motors Europe nach. Nach einem Treffen des Verwaltungsrates am Sonntagabend hieß es in einer Erklärung, Fiat Group Automobiles könnte ausgegliedert und mit GM Europe und den Chrysler-Anteilen verschmolzen werden.
Opel wurde in der Mitteilung nicht erwähnt. Die deutsche GM-Tochter ist für 80 Prozent des Umsatzes von General Motors Europe verantwortlich. Fiat hatte am Donnerstag eine Allianz mit dem US-Konzern Chrysler besiegelt, der am selben Tag Gläubigerschutz beantragte.
Um trotz hoher Entwicklungskosten profitabel arbeiten zu können, müssten Marchionne zufolge auf jeder Plattform mindestens eine Million Autos pro Jahr gebaut werden. Opel, Vauxhall und Saab nutzen bereits gemeinsame Komponenten. Durch einen Austausch mit
Fiat und Chrysler würde der Vorteil vergrößert.
Bis Ende Mai, so der Plan Marchionnes, soll die Fusion beschlossen werden. Der bisherige Opel-Mutterkonzern General
Motors würde Minderheitseigner des neuen Unternehmens. Der 30-Prozent-Anteil der Fiat-Gründerfamilie Agnelli würde verwässert.
manager-magazin.de mit Material von dpa, ap und reuters