Bankgeheimnis Schweiz will keine Steueroase sein
Zürich/Berlin - Die Schweiz will nicht auf die schwarze Liste von unkooperativen Steueroasen kommen. Dies sei ein wichtiges Ziel für den Weltfinanzgipfel der G-20-Staaten Anfang April in London, erklärte Außenministerin Micheline Calmy-Rey in mehreren Schweizer Sonntagszeitungen. Angesichts der Krise um die Großbank UBS (Kurswerte anzeigen) und das Schweizer Bankgeheimnis sprach sie sich zugleich für eine Beschleunigung von Amtshilfeverfahren aus.
Ausweichend antwortete die Ministerin auf die Frage, ob auch die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug aufgehoben werden solle. Der zuständige Regierungsausschuss habe ein sehr breites Mandat erhalten und werde die Vor- und Nachteile aller möglichen Lösungen darlegen. jedem Fall sei rasches Handeln notwendig, das Bankgeheimnis werde aber nicht leichtfertig preisgegeben, sagte Calmy-Rey der "Sonntagszeitung".
Während Steuerbetrug wie das Fälschen von Papieren in der Schweiz strafbar ist, wird Steuerhinterziehung, also etwa das "Vergessen" von steuerpflichtigen Einnahmen, zunächst nicht strafrechtlich verfolgt. Bisher leistet die Schweiz nur bei Steuerbetrug internationale Amtshilfe. Bei Steuerhinterziehung hingegen gibt es lediglich ein Bußgeld. Dies wird besonders von der EU und den USA kritisiert.
Minister: Schweiz kann sich "nicht tot stellen"
Der Schweizer Finanzminister Hans-Rudolf Merz erklärte, sein Land könne sich angesichts des internationalen Drucks "nicht tot stellen" und dem Dialog verschließen. Noch weiter ging der Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, Pierre Mirabaud. Er deutete in Sachen Bankgeheimnis erstmals Kompromissbereitschaft an. Auf die Frage, ob es zwingend eine Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug geben müsse, sagte der Genfer Privatbankier der Zeitung "Sonntag": "Nicht unbedingt."
Laut einer aktuellen Umfrage der Zeitung "Sonntagsblick" sind mittlerweile aber 56 Prozent der Schweizer dafür, dass das Land künftig ausländischen Behörden nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei Steuerhinterziehung helfen soll. Jeder zweite Befragte teilt zudem die Einschätzung, man werfe der Schweiz zu Recht vor, eine Steueroase zu sein und Steuerflüchtlingen Unterschlupf zu bieten. Grundsätzlich sind aber zugleich 56 Prozent dafür, dass die Schweiz das Bankgeheimnis auch für Ausländer hartnäckig verteidigen sollte.
UBS-Chef Grübel rät zur Änderung
UBS-Chef Grübel rät zur Änderung
Auf Druck der USA hatte sich die Schweizer Großbank UBS (Kurswerte anzeigen) Mitte Februar bereit erklärt, das Bankgeheimnis etwas zu lockern und 780 Millionen Dollar (614 Millionen Euro) Strafe zu zahlen. Die Bank wurde beschuldigt, rund 17.000 Kunden in den USA bei Steuerhinterziehungen im Umfang von 20 Milliarden Dollar geholfen zu haben.
Der neue UBS-Konzernchef Oswald Grübel riet der Schweizer Regierung, eine Änderung des Bankgeheimnisses ins Auge zu fassen, damit verdächtigte Steuerhinterzieher nicht mehr geschützt werden. Dies sagte er in der Zeitung "Finanz und Wirtschaft". Mit einer Änderung des Bankgeheimnisgesetzes könnte der politische Druck anderer Länder auf die Schweiz gemildert werden, sagte Grübel. "Es ist fraglich, ob wir weiterhin Steuerflüchtlinge hinter dem Bankgeheimnis verstecken können."
SPD droht mit Lizenzentzug
In Deutschland hatte die SPD am Samstag gedroht, Schweizer Banken notfalls die Lizenz zu entziehen, falls sie sich im Kampf gegen Steuerflucht nicht kooperativ zeigten. Länder, die "faktisch Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten", müssten künftig mit "empfindlichen Sanktionen" rechnen, sagte SPD-Finanzexperte Joachim Poß der Nachrichtenagentur dpa.
Beim Vorgehen der US-Behörden gegen die UBS habe sich die Drohung mit einem Lizenzentzug als sehr erfolgreich erwiesen. "Ich würde es begrüßen, wenn ein solches Durchgreifen international zur Regel würde", betonte der SPD-Fraktionsvize im Bundestag.
Die von der Gruppe der G-20-Staaten geplante Austrocknung aller Steueroasen setze voraus, dass es "keine Länder gibt, die Steuerhinterziehern und Finanzbetrügern mehr Schutz gewähren". Nur so sei eine grundlegende Neuordnung der internationalen Finanzmärkte zu schaffen.
manager-magazin.de mit Material von ap und dpa-afx
Kapitale Inseln: Die wichtigsten Steueroasen