Die baltischen Tiger müssen künstlich beatmet werden: Europäische Union und Internationaler Währungsfonds verhandeln über Finanzhilfe für das Wirtschaftswunderland Lettland. Damit wäre nach Ungarn ein weiterer EU-Staat von ausländischer Hilfe abhängig.
Riga/Brüssel - Nach Ungarn braucht nun auch Lettland als zweiter EU-Staat ein internationales Kreditpaket. Zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington werde nach einer Lösung gesucht, teilten der EU-Finanzministerrat und die EU-Kommission am Samstagabend in Brüssel in einer gemeinsamen Erklärung mit. Die Finanzkrise macht dem baltischen Land erheblich zu schaffen.
Ein Betrag für die in Riga benötigte Hilfe wurde nicht genannt. Dem Vernehmen nach soll er deutlich geringer liegen als im Fall Ungarn. Budapest hatte unlängst von der EU 6,5 Milliarden Euro Unterstützung bekommen, um einen drohenden Staatsbankrott abzuwenden. Die EU ist grundsätzlich zur finanziellen Nothilfe für Lettland bereits. Dort gebe es "wachsende Spannungen auf den Finanzmärkten". Lettland ist seit 2004 Mitglied der EU, hat aber den Euro bisher nicht eingeführt.
Lettlands Regierung hatte erst Anfang des Monats die Parex-Bank verstaatlicht und damit das zweitgrößte Geldinstitut des Landes vor der Pleite gerettet. Die Parex-Bank betreibt auch in Deutschland einige Filialen, über die sie vor allem Festgeldkonten anbietet. Die Banken in den drei baltischen Ländern Estland, Lettland und Litauen galten seit Ausbruch der internationalen Finanzkrise wegen ihres stark fremdfinanzierten Wachstums als akut gefährdet.
Die EU hat für die Hilfen an Staaten keine eigenen Mittel, sondern muss diese aufnehmen. Die EU-Staats- und Regierungschefs beschlossen Anfang November, die Obergrenze dieses "Notfallfonds" für Mitgliedstaaten mit Zahlungsschwierigkeiten mehr als zu verdoppeln. Die Kreditlinie soll statt bisher 12 Milliarden Euro künftig 25 Milliarden Euro umfassen.
Der IWF und die EU hatten Ungarn vor einigen Wochen einen Kreditrahmen von insgesamt 20 Milliarden Euro zugesagt, nachdem die Geldmärkte des Landes infolge der globalen Finanzkrise praktisch zum Erliegen gekommen waren. Ungarn hatte sich als besonders anfällig erwiesen, da es eine hohe Auslandsverschuldung aufweist und wegen notorischer Reformversäumnisse wenig Vertrauen bei Investoren genoss.