Weltbank-Studie Steuerlast weltweit gesunken
Frankfurt am Main - Wettlauf um die Gunst der Unternehmen: In den Jahren 2007 und 2008 haben 36 von 181 Staaten ihr Steuersystem reformiert. Dabei spielten nicht nur die Höhe der Steuersätze, sondern auch Transparenz, Verständlichkeit und der Abbau von Bürokratie eine Rolle: Der Körperschaftsteuersatz sank dadurch in 21 Ländern, zwölf Staaten vereinfachten die Verfahren zur Steuererklärung und in acht Ländern wurden Steuerarten gestrichen. Dies geht aus der Studie "Paying Taxes 2009" der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) und der Weltbank hervor.
Die durchschnittliche Abgabenquote (Total Tax Rate), die sich aus Steuern und Sozialabgaben der Unternehmen für ihre Angestellten zusammensetzt, erreichte im weltweiten Durchschnitt noch 49,3 Prozent. Im Jahr 2004 hatte sie noch 50,6 Prozent betragen.
Deutschland rangiert im untersuchten Jahr 2007 mit einer Abgabenquote von 50,5 Prozent im weltweiten Vergleich abgeschlagen auf Rang 128. Auf den schlechten Ruf als "Hochsteuerland" hat die Bundesregierung inzwischen reagiert und die Körperschaftsteuer von 25 auf 15 Prozent gesenkt.
Bei Berücksichtigung der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unternehmensteuerreform und dem gesenkten Körperschaftsteuersatz ergibt sich damit eine Abgabenquote von 45,1 Prozent. Innerhalb der EU liegt Deutschland im Mittelfeld: Die Gesamtbelastung ist deutlich höher als Luxemburg, Irland oder Dänemark, aber deutlich niedriger als in Frankreich oder Italien ( siehe Übersicht).
"Steuerreform in Deutschland nur ein erster Schritt"
"Die Unternehmensteuerreform 2008 war zwar ein richtiger, aber eben nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Das deutsche Steuersystem leidet im internationalen Wettbewerb nach wie vor unter seiner Komplexität und der überdurchschnittlichen Gesamtbelastung", meint Dieter Endres, Vorstandsmitglied bei PwC. So müssten potenzielle Investoren zum vergleichsweise niedrigen Körperschaftsteuersatz von 15 Prozent noch zahlreiche andere Belastungen addieren, etwa die Gewerbesteuer, Umweltsteuern sowie Sozialabgaben.
Für die Studie haben Weltbank und PwC die Steuer- und Abgabensysteme von insgesamt 181 Ländern analysiert. In die Berechnung der "Total Tax Rate" gehen sämtliche Steuern und Abgaben ein, die von einem Unternehmen tatsächlich zu zahlen sind. Im weltweiten Vergleichsranking unter den 181 Ländern landet Deutschland auf Platz 128, also im unteren Mittelfeld. Legt man die gesunkene Belastung nach der Steuerreform zugrunde, verbessert sich Deutschland auf Platz 102.
Faktor Arbeit stark belastet
Faktor Arbeit stark belastet
Basis für die Berechnung der Abgabenquote war ein für alle Staaten einheitliches, repräsentatives Modellunternehmen mit einer vorgegebenen Gewinnentwicklung. Zudem wurde erhoben, wie viel Zeit Unternehmen für die Ermittlung, Anmeldung und Abführung der fälligen Steuern und Sozialabgaben benötigen und wie viele Steuerzahlungen sie jährlich zu entrichten haben. Hier belegt Deutschland mit Rang 68 und 49 im Vergleich zur Abgabenquote deutlich bessere Platzierungen.
Beim weltweiten Vergleich aller drei Faktoren, der auch den Faktor Zeit mit einbezieht, verschlechtert sich Deutschland im Vergleich zur Studie "Paying Taxes 2008" von Rang 67 auf Rang 80. Wenn die Unternehmensteuerreform bereits im Jahr 2007 in Kraft getreten wäre, hätte Deutschland Rang 62 erreicht.
Angeführt wird die Gesamtrangfolge von den Malediven, Weißrussland bildet das Schlusslicht. Innerhalb der EU erreicht Deutschland Rang 15 (Rang 1: Irland, Rang: 25: Rumänien). Bei den G8-Staaten führt Großbritannien die Tabelle an, Deutschland liegt auf Platz 5 im Mittelfeld vor Japan, Italien und Russland.
Reine Steuern liegen deutlich niedriger
Im weltweiten Durchschnitt tragen die Körperschaftsteuern nur 37 Prozent zur gesamten Steuer- und Abgabenbelastung der Unternehmen bei, während 34 Prozent auf Sozialabgaben beziehungsweise Steuern in Abhängigkeit vom gezahlten Arbeitslohn entfallen. Besonders stark fällt die Belastung des Faktors Arbeit in der EU ins Gewicht. Sozialabgaben der Unternehmen machen hier durchschnittlich 65 Prozent der "Total Tax Rate" aus. In Frankreich liegt diese Quote sogar bei 78,5 Prozent.
Die weltweit niedrigste Gesamtsteuerbelastung hatten Ende 2007 Steueroasen wie der Inselstaat Vanuatu im Südpazifik (8,4 Prozent) oder die Malediven (9,1 Prozent), während am oberen Ende der Skala Gambia (292,4 Prozent), Burundi (278,7 Prozent) und Sierra Leone (233,5 Prozent) standen.
Osteuropa gibt Reformtempo vor
Osteuropa gibt Reformtempo vor
Die meisten Reformen gab es in den Jahren 2007 und 2008 in Osteuropa und Zentralasien. In diesen Regionen senkten neun Staaten die Steuerbelastung für Unternehmen oder erleichterten das Verfahren zur Steuererklärung. Doch obwohl die Ertragsteuersätze im Durchschnitt derzeit bei knapp über zehn Prozent liegen, schneiden die Regionen mit einer "Total Tax Rate von etwa 50 Prozent im Vergleich lediglich durchschnittlich ab. Verantwortlich ist die starke Belastung der Unternehmen mit Sozialabgaben beziehungsweise Lohnsteuern.
In den wirtschaftlich leistungsfähigsten OECD-Staaten beläuft sich der Ertragsteuersatz im Durchschnitt auf rund 18 Prozent, die Gesamtsteuerbelastung liegt knapp über 45 Prozent. Die Körperschaftsteuer ist in dieser Ländergruppe in den Jahren 2007 und 2008 nicht nur in Deutschland deutlich gesunken, sondern auch in Italien (von 33 auf 27,5 Prozent), Dänemark (von 28 auf 25 Prozent), Tschechien (von 24 auf 21 Prozent), Neuseeland (von 33 auf 30 Prozent) sowie in Kanada (von 22,1 auf 19,5 Prozent).
300 Stunden für den Staat
Die Ermittlung und Begleichung der Abgaben- und Steuerlast kostet Unternehmen im weltweiten Durchschnitt rund 300 Stunden. In Deutschland benötigen Unternehmen 196 Stunden, von denen 43 Stunden allein für die Bearbeitung der Umsatzsteuer anfallen. Damit erreicht Deutschland im weltweiten Vergleich Rang 68 und innerhalb der EU Rang 12.
Dass niedrige Steuersätze noch keine Garantie für ein unternehmensfreundliches Steuersystem sind, zeigt der Vergleich der Bearbeitungszeiten innerhalb der EU. Während sich beispielsweise Bulgarien mit einer "Total Tax Rate" von 34,9 Prozent im europäischen Steuervergleich auf dem fünften Rang wieder findet, müssen Unternehmen für die Steuerbürokratie 616 Stunden einrechnen nur in Tschechien ist der Zeitaufwand mit 930 Stunden höher.
Wie unterschiedlich die Steuersysteme der EU sind, zeigt der Vergleich der pro Jahr zu berücksichtigenden Steuertermine. Während in Schweden nur zwei Zahlungen jährlich fällig sind, müssen Unternehmen in Deutschland 16 Zahlungen leisten und in Polen sogar 40. Den unrühmlichen Spitzenplatz im europäischen Vergleich nimmt allerdings mit großem Abstand die rumänische Steuerverwaltung ein, die einem durchschnittlichen Unternehmen 113 Steuertermine auferlegt.
Das gemessen am Zeitaufwand aufwändigste Steuer- und Abgabensystem leistet sich weltweit Brasilien. Hier müssen Unternehmen für die Ermittlung, Anmeldung und Abführung der fälligen Steuern und Sozialabgaben jährlich 2.600 Stunden einplanen. Auf den Malediven hingegen können Unternehmer der Steuererklärung entspannt entgegen blicken: Sie nimmt nicht einmal eine Stunde Arbeitszeit in Anspruch.
manager-magazin.de
Überblick: Die niedrigsten Steuern in der EU