KfW Polit-Pöstchen und Millionenpannen
Berlin - Als bei der Staatsbank KfW die Vorstände purzeln, fehlt Deutschlands schärfster Kapitalismuskritiker. Während im Verwaltungsrat am Donnerstag die skandalöse Überweisungspanne der KfW an Lehman Brothers aufgeklärt und mit der Suspendierung von zwei Vorständen bestraft wird, weilt Oskar Lafontaine im Wahlkampf in Bayern: Ein langfristig geplanter Termin.
Er hätte im von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) entmachteten Kontrollgremium sowieso nichts ausrichten können, sagt ein Sprecher. "Aus zwei wären drei Gegenstimmen gegen den IKB-Verkauf geworden. Da kann man seine Zeit auch anders verbringen."
Die Schar der 37 Spitzenpolitiker, Gewerkschafter und anderen Interessenvertreter, die im Verwaltungsrat die Geschäfte der KfW überwachen sollen, hat in den vergangenen Monaten viele Stunden in Krisensitzungen gesessen. Weil sich die einst grundsolide KfW-Beteiligung IKB mit US-Krediten verzockt hat.
Schröder ersetzt Matthäus-Maier
Vorstand und Kontrolleure merken es erst, als es zu spät ist. Die im Sommer 2007 aufgetauchten Löcher müssen auch mit Steuergeld gestopft werden. Die Männer mit roten, schwarzen, grünen, gelben und dunkelroten Parteibüchern im KfW-Verwaltungsrat rufen nach Reformen: mehr Kontrolle, weniger Risiko.
Steinbrück und Glos handeln: Wie bei Dax-Konzernen wird ein Machtzirkel gebildet, der Präsidialausschuss. Er trifft Eilmaßnahmen und bereitet Personalentscheidungen vor. Die ebenfalls vorgesehene Verkleinerung des Verwaltungsrats kommt nicht durch. "Der ein oder andere wollte wohl nicht auf die Sitzungspauschale von 1500 Euro verzichten", spottet ein Regierungsbeamter.
An die KfW-Spitze holt Glos den Banker Ulrich Schröder. Er ersetzt Ingrid Matthäus-Maier, die zum Monatsende in den Ruhestand geht. Die SPD-Frau wirft entnervt von Indiskretionen und Ränkespielen das Handtuch. In der Folge sind sich - bis auf wenige Mahner - alle einig, dass zunächst das Milliardengrab IKB so schnell wie möglich zugeschüttet werden muss. Das Rennen macht der US-Finanzinvestor Lone Star - für den Schnäppchenpreis von 115 Millionen Euro. Vor der Kreditkrise war die IKB einmal gut drei Milliarden Euro wert.
Aufseher Lafontaine kein "Hellseher"
KfW wirft Lehman Millionen hinterher
Schröder soll in Ruhe die Frankfurter Bankengruppe wieder auf ihr Fördergeschäft konzentrieren. Doch der neue KfW-Chef hat kaum sein Büro eingerichtet, da bricht der "schwarze Montag" herein. Der KfW-Computer überweist eine Millionensumme nach New York, obwohl die Spatzen die nahende Insolvenz der Wall-Street-Legende längst von den Dächern pfeifen. Die KfW macht sich zum Gespött der Nation.
Erneut versagt das Risikomanagement. Inzwischen dämmert es den Politikern, dass es bei der KfW so nicht weitergeht. Christine Scheel, die für die Grünen im Verwaltungsrat sitzt, meint: "Es darf nicht sein, dass nur die Köpfe rollen, sondern es müssen auch strukturelle Veränderungen stattfinden."
So sieht es auch der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter. "Es ist ein Mythos, dass öffentlich besser ist als privat. Deshalb müssen wir handeln." Die Staatsbank müsse von der privaten Bankenaufsicht BaFin und nicht mehr vom Finanzminister überwacht werden. Das fordern auch Bundesrechnungshof und FDP seit Jahren.
Aufseher Lafontaine: "Hellseher gibt es nicht"
Kampeter sagt an Steinbrücks Adresse, die Politiker dürfen jetzt nicht nur auf die Banken schimpfen, sondern müssen sich auch an die eigene Nase fassen. "In den Wahlkreisen will jeder von uns wissen, warum wir so blöd waren, dass zehn Milliarden Euro verbrannt worden sind."
Oskar Lafontaine taucht übrigens am Freitagmorgen wieder auf - im Radio. Der am Vorabend vermisste KfW-Kontrolleur gibt SPD und Union die Schuld für die teure IKB-Rettung.
Nach seiner Verantwortung als Aufseher bei der Lehman-Panne gefragt, wiegelt der Linksfraktionschef ab: "Propheten und Hellseher gibt es im Verwaltungsrat nicht."
Von Tim Braune, dpa
KfW-Parade: Die 37 Kontrolleure der Pannenbank