Merrill und Lehman Finanzkrise versenkt Traditionshäuser
Hamburg - Aus fünf mach zwei. Die Rettung der schwer angeschlagenen Investmentbank Lehman Brothers scheiterte trotz eines fieberhaften Verhandlungsmarathons. Sie meldete am Montagmorgen Insolvenz an. Die drittgrößte Investmentbank Merrill Lynch wird von der Bank of America gekauft. Und vor sechs Monaten wurde schon Bear Stearns von J. P. Morgan übernommen.
Damit verändert sich das Gesicht der amerikanischen Finanzbranche drastisch: An der Wall Street gibt es nun mit Goldman Sachs und Morgan Stanley nur noch zwei reine Investmentbanken statt fünf vor einem halben Jahr.
Hintergrund: Investmentbanken sind Spezialisten für lukrative Wertpapiergeschäfte aller Art sowie für Fusionen und Übernahmen von Firmen. Reine Investmentbanken sind traditionell vor allem in den USA und Großbritannien zu Hause. Sie haben kein Filialgeschäft mit Girokonten für Jedermann. Dagegen bieten die etwa in Deutschland vorherrschenden Universalbanken die ganze Palette finanzieller Dienstleistungen an.
Lehman sucht Gläubigerschutz
Lehman Brothers, die viertgrößte amerikanische Investmentbank, beantragte am Montagmorgen Gläubigerschutz nach Kapitel elf des US- Insolvenzrechts. In dem Verfahren kann sie zunächst einmal ihre Geschäfte weiterführen, ohne von ihren Geldgebern überrannt zu werden.
Die verzweifelten Rettungsbemühungen für die Bank scheiterten letztlich daran, dass die US-Regierung in anderen Fällen geleistete Staatshilfen ausschloss und die Branche nicht bereit war, die milliardenschweren Risiken zu übernehmen. Das Problem von Lehman waren vor allem vom Ausfall bedrohte Kreditpapiere aus dem Immobiliensektor.
Lehman Brothers war im Jahr 1850 in Montgomery von den jüdischen Emigranten Heinrich, Emmanuel und Mayer Lehman gegründet worden. Im Jahr 1977 fusionierte Lehman Brothers mit Kuhn, Loeb & Co. Anschließend wurde Lehman Brothers von American Express aufgekauft, mit anderen Finanzunternehmen fusioniert und an die Travelers Group weiterverkauft. 1994 ging Lehman Brothers, nach der Abspaltung von der Travelers Group, als eigenständiges Institut an die Börse.
Merrill Lynch - das nächste Opfer
Der nächste Wackelkandidat
Die drittgrößte Investmentbank Merrill Lynch wurde in der Nacht zum Montag von der Bank of America aufgefangen. Die Lage bei Merrill war nicht so akut wie bei Lehman Brothers, sie litt jedoch auch unter Milliardenverlusten und fallenden Aktienkursen.
Die Bank of America, die lange auch als Retter für Lehman umworben wurde, zahlt für Merrill Lynch rund 50 Milliarden Dollar in Aktien.
Charles E. Merrill und Edmund C. Lynch hatten die Investmentbank im Jahr 1914 in New York eröffnet. 1971 ging das Institut an die Börse. Der zeitweise weltgrößte Broker war besonders stark am amerikanischen Hypothekenmarkt engagiert: Im Jahr 2007 musste Merrill Lynch Wertberichtigungen in Höhe von 23,2 Mrd. US-Dollar vornehmen.
Die Umbrüche lösten Angst vor Turbulenzen an den Finanzmärkten aus. Weltweit gingen die Börsen auf Talfahrt, der Dax notierte am Vormittag nur noch knapp über der Marke von 6000 Zählern.
Während Notenbanken weltweit bereitstanden, um für Stabilität an den Finanzmärkten zu sorgen, legte die Branche eine Art Selbsthilfefonds auf. Zehn internationale Bankkonzerne bildeten einen Topf mit 70 Milliarden Dollar, um sich gegenseitig bei möglichen Liquiditätsengpässen zu helfen.
Auch AIG kämpft ums Überleben
Auch Versicherungsriese AIG kämpft ums Überleben
Unterdessen kündigt sich das nächste Drama beim amerikanischen Versicherungsriesen AIG an. Der American International Group (AIG), einer der weltgrößten Versicherer, habe die US-Notenbank um einen Überbrückungskredit von 40 Milliarden Dollar gebeten, berichtete die "New York Times". Damit solle eine drohende Herabstufung des Kreditratings bereits am Montag verhindert werden. Mit der Senkung des Ratings durch die Agenturen hätten Geldgeber ihre Mittel zurückfordern können. "AIG hätte nur noch 48 bis 72 Stunden zu leben gehabt", zitierte die Zeitung einen Insider.
Anderen Medienberichten zufolge will AIG am Montag einen drastischen Umbau ankündigen. Das "Wall Street Journal" berichtete, der Konzern wolle umfangreiche Sparten wie die weltweit führende Flugzeugleasing-Tochter ILFC verkaufen. Neue Investoren sollen zudem für eine dringend benötigte weitere Finanzspritze von mehr als zehn Milliarden Dollar (7 Mrd Euro) sorgen. AIG erlitt zuletzt Milliardenverluste und der Aktienkurs fiel um 45 Prozent.
manager-magazin.de mit Material von dpa und reuters
Börse: Lehman-Kollaps erschüttert Wall Street