Das System aus Schwarzen Kassen, dessen Bereinigung Siemens so zu schaffen macht, könnte älter sein als bisher angenommen. Neu aufgetauchte Unterlagen belegen, dass bereits in den 50er Jahren Schmiergeldzahlungen zur festen Praxis im Unternehmen zählten.
Hamburg - Schwarze Kassen und Schmiergeldzahlungen haben bei
Siemens einem Medienbericht zufolge womöglich seit Anfang der 50er Jahre zur Firmenpolitik gehört. Das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL berichtete am Samstag vorab von einem Vermerk des Ex-Aufsichtsratsvorsitzenden Hermann Franz.
Franz galt lange Zeit als zentrale Führungsfigur im Konzern. In dem Vermerk beschreibe Franz ein Gespräch mit dem ehemaligen Siemens-Vorstandschef Gerd Tacke, einst die treibende Kraft bei der Wiederbelebung des Auslandsgeschäfts nach dem Zweiten Weltkrieg.
Tacke habe damals die "unumstößliche Überzeugung" geäußert, dass "man das Auslandsgeschäft nur betreiben könne, wenn man 'NA' ('nützliche Aufwendungen') zahle und dafür die notwendigen Instrumente schaffe, sprich schwarze Kassen", schrieb das Blatt. Hinzu komme, dass Siemens-Manager, die im Ausland mit Hilfe von Schmiergeldern erfolgreich Geschäfte gemacht hätten, dies nach ihrer Rückkehr nach Deutschland "übertragen wollten", was "brandgefährlich" gewesen sei.
Franz will dem Vermerk zufolge 1989 seine Vorstandskollegen davor gewarnt haben, das Schmiergeldsystem weiter fortzuführen. "Meine Kollegen haben mich beschimpft und von 30 Prozent weniger Auftragseingang gesprochen und die Firmenpleite an die Wand gemalt", zitierte ihn das Nachrichtenmagazin. Als die Münchener Staatsanwaltschaft damit begonnen habe, das Schmiergeldsystem bei Siemens aufzudecken, sah Franz als einzigen Ausweg, "das Unternehmen absolut sauberzumachen".