Ferdinand Piëch hat mit seinem Abstimmungsverhalten im Volkswagen-Aufsichtsrat die Familie Porsche vorgeführt. Die ist darüber so verärgert, dass sie offenbar nach Wegen sucht, den Automagnaten als Chefkontrolleur loszuwerden. Beobachter rätseln, warum Piëch es so weit kommen ließ.
Hamburg - Mitglieder der Porsche-Familie prüfen offenbar, ob sie den Chef des VW-Aufsichtsrats schassen können. Der mächtige Automann hatte Porsche in dem Kontrollgremium eine herbe Niederlage beschert, zur Verärgerung der Verwandtschaft.
Das berichtet das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL. Die beiden Familienstämme hatten sich nach Informationen des Magazins vor zwei Wochen in Stuttgart getroffen und einen Brief an Ferdinand Piëch verfasst. Darin forderten sie ihn auf, im VW-Aufsichtsrat im Sinne der Familien gegen den Antrag der VW-Arbeitnehmer abzustimmen.
Die Arbeitnehmer wollten erreichen, dass Gemeinschaftsprojekte von Audi und
Porsche künftig im VW-Kontrollgremium beschlossen werden müssen. Das könnte die Zusammenarbeit der Unternehmen erschweren, so die Befürchtung der Porsche-Familie.
Doch Piëch verhalf den Arbeitnehmervertretern im VW-Aufsichtsrat durch seine Stimmenthaltung am Freitag zu einer Mehrheit und düpierte damit Porsche. Künftig muss sich der Stuttgarter Sportwagenhersteller alle Geschäfte mit Audi einzeln genehmigen lassen, wie die Arbeitnehmervertreter von VW es gefordert hatten.
Wolfgang Porsche entrüstete sich nach der Sitzung in ungewohnter Offenheit: "Ich bin entsetzt über das Abstimmungsverhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden", sagte der Chef des Porsche-Kontrollgremiums zum Vorgehen seines Cousins Ferdinand Piëch. Aber nicht nur der Porsche-Zweig der Familie ist verärgert, sondern auch Piëchs Bruder Hans Michel.
Nach SPIEGEL-Informationen ist allerdings fraglich, ob die Familien die notwendige Mehrheit auf einer Hauptversammlung von
Volkswagen erreichen. CDU-Ministerpräsident Christian Wulff, der das Land Niedersachsen und damit nach Porsche den zweiten Großaktionär des VW-Konzerns vertritt, ist offenbar nicht bereit, einer Abwahl Piëchs zuzustimmen. Mit einem Austausch von Personen, heißt es, sei die Vertrauenskrise zwischen Porsche und VW nicht zu lösen.
Experten rätseln, weshalb Piëch Porsche öffentlich vorführte. Ein Vorteil, der ihm daraus erwachsen könne, ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Schließlich sitzt er bei Entscheidungen im Unternehmen im selben Boot wie Großaktionär Porsche - eine dauerhafte Verhärtung der Fronten, heißt es, dürfe er sich nicht leisten. Aus VW-Kreisen ist jedoch zu hören, das Verhalten Piëchs habe mit den Animositäten zwischen ihm und Porsche-Chef Wendelin Wiedeking zu tun. Wiedeking sei Piëch zu mächtig geworden.