Energie RWE will Stromnetz ausgliedern
Berlin/Brüssel/Düsseldorf/Hamburg/London - Der neue RWE-Vorstandslenker Jürgen Großmann habe vorgeschlagen, die Stromnetze von Firmen aus Deutschland, Frankreich oder den Benelux-Staaten in eine gemeinsame europäische Gesellschaft einzubringen. Dies berichtet das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL am Samstag vorab aus seiner am Montag erscheinenden Ausgabe. An dieser Netzgesellschaft wolle RWE große Anteile, wenn möglich sogar die Mehrheit übernehmen.
Großmann wolle damit einem Zwangsverkauf der Netze zuvorkommen, mit dem EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes gedroht hatte, schreibt der SPIEGEL weiter. Durch das Modell sollten alle Marktteilnehmer Zugang zu den wichtigen Leitungen haben. Bei einem Treffen der Energieindustrie mit Kanzleramtsminister Thomas de Maiziere Anfang der Woche in Berlin sollten die Pläne erörtert werden.
Eine RWE-Sprecherin äußerte sich nicht konkret zu dem Bericht: "Wir wollen unsere Netze behalten und das integrierte Modell fortführen, sagte sie nur, fügte aber hinzu: "Wir haben uns stets für die Verstärkung der Zusammenarbeit im europäischen Netzbereich ausgesprochen." Das sogenannte pentalaterale Forum soll die Zusammenarbeit von Deutschland, Frankreich und den Benelux-Ländern bei der Energieversorgung stärken.
Seehofer für starke Staatsaufsicht
Ende Februar hatte Deutschlands größter Energiekonzern Eon den Verkauf seiner Leitungsnetze angekündigt, um so eine hohe Kartellbuße der EU-Wettbewerbshüter zu vermeiden. Die Eon-Ankündigung eines Verkaufs hatte vor allem in der Bundesregierung für Missstimmung gesorgt, weil Berlin sich in Brüssel für die Energiebranche und ihre ablehnende Haltung eines Stromnetzverkaufes stark gemacht hatte.
Die Trennung von Netz und Produktion wird von Verbraucherschützern und EU-Kommission seit langem gefordert. Die Regionalmonopole der vier großen Versorger Eon, RWE, Vattenfall und Energie Baden-Württemberg (EnBW) gilt als ein Grund für die hohen Energiepreise in Deutschland. Umstritten ist allerdings, ob die Netze verkauft oder in eine staatliche Gesellschaft überführt werden sollen.
Verbraucherschutzminister Horst Seehofer plädierte am Samstag für eine scharfe Staatsaufsicht über die großen Energiekonzerne. Einer Staatsbeteiligung an den Netzen, zum Beispiel an den Stromnetzen, stehe er aber skeptisch gegenüber. "Die Energiekonzerne haben zu viel Macht", sagte Seehofer der "Berliner Zeitung". "Die muss durch eine scharfe staatliche Aufsicht eingeschränkt werden", forderte er. Es gebe es zu wenig Wettbewerb.
Hinsichtlich der EU-Forderung nach einer Entflechtung der großen Konzerne, der eigentumsrechtlichen Trennung von Netz und Produktion, sei er jedoch skeptisch. "Da muss man sehr aufpassen, das ist eine heikle Angelegenheit." Wenn die Netze zum Beispiel in den Händen von Finanzinvestoren landeten, könne das durchaus bedeuten, dass Renditeinteressen noch schärfer verfolgt würden und die Preise weiter stiegen. Den Staat sieht Seehofer dennoch nicht in der Verpflichtung, selbst die Netze zu übernehmen.
Wird British Energy verkauft?
Zeitung: Großbritannien will British Energy verkaufen
Die britische Regierung lotet einem Bericht zufolge das Interesse großer Versorger an ihrem Atomkraftwerksbetreiber British Energy aus. Neben RWE und Eon seien auch Electricité de France (EdF), die spanische Iberdrola und die britische Centrica angesprochen worden, ob sie einen Teil der Staatsbeteiligung von 35,2 Prozent kaufen würden, berichtete die "Financial Times" (FT, Samstagausgabe) unter Berufung auf Personen, die mit der Lage vertraut seien. Die UBS sei mit dem Verkauf beauftragt worden, British Energy werde von NM Rothschild beraten. Das Paket sei mehr als zwei Milliarden Pfund Sterling (2,6 Milliarden Euro) wert.
Eine Sprecherin von RWE erklärte dazu nur: "Marktgerüchte kommentieren wir nicht." Auch eine British-Energy-Sprecherin bezeichnete den Bericht als spekulativ. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) berichtete, RWE gehöre zu den wohl vier Interessenten an einer Mehrheitsbeteiligung an dem Unternehmen aus dem schottischen Livingston. Sie beruft sich auf nicht genannte Vertreter der britischen Energiewirtschaft. British Energy werde in der nächsten Woche eine Vorentscheidung unter den Bewerbern treffen und veröffentlichen. Eon-Chef Wulf Bernotat hatte einem Einstieg bei British Energy bereits im vergangenen Jahr eine Absage erteilt.
Einen Komplettverkauf des größten Energieerzeugers im Land wolle die britische Regierung aber vermeiden, hieß es in dem Bericht der FT. Wenn ein einzelner Käufer die Staatsbeteiligung übernähme, müsste er auch ein Angebot für die übrigen Anteile vorlegen. Für ausländische Käufer interessant wäre British Energy vor allem wegen seiner Kraftwerksstandorte. In Großbritannien sollen neue Atomreaktoren gebaut werden, woran RWE und der deutsche Marktführer Eon Interesse angemeldet haben. Es gilt als ausgemacht, dass diese nur an bestehenden Kraftwerksstandorten gebaut werden. Die 1996 privatisierte British Energy betreibt acht Atomkraftwerke und ein Kohlekraftwerk.
Dem FT-Bericht zufolge gilt als eine Option, dass Firmen sich auch an British Energy beteiligen, wenn sie sich mit dem britischen Erzeuger beim Bau neuer Kraftwerke zusammentun. Laut FAZ sollen sich alle Interessenten für einen der 18 möglichen Kraftwerksstandorte bis 3. April bei der staatlichen Behörde NDA melden. In Deutschland stehen die Atomkraftwerke von Eon und RWE wegen des Ausstiegsbeschlusses der Bundesregierung über kurz oder lang vor dem Aus.
Brüssel will RWE bei Distrigas eine Chance geben
Die belgische Regierung dringt einem Zeitungsbericht zufolge unterdessen darauf, dass auch einheimische Unternehmen beim Verkauf des Gasversorgers Distrigas eine Chance bekommen. Das könnte auch die Aussichten für den deutschen Versorger RWE verbessern, der sich mit der belgischen Exmar verbündet hat. Die französische Suez hat ihre 57-Prozent-Beteiligung an Distrigas auf Druck der EU-Kommission zum Verkauf gestellt, die die geplante Fusion von Suez und Gaz de France aus Wettbewerbsaspekten kritisch sieht.
"Es scheint, als müsse Suez den Wunsch der Regierung berücksichtigen, dass der belgische Stromproduzent SPE ebenso wie eine Kombination von RWE und Exmar eine Chance haben, sich an Distrigas zu beteiligen", berichtete die Tageszeitung "De Standaard" am Samstag. Das sei das Ergebnis eines Treffens von belgischen Regierungsvertretern am Freitag. Die Regierung hat eine Goldene Aktie an Distrigas, der kommunalen Holding Publigas gehören 31,25 Prozent der Anteile.
Suez will bis Ende des Monats der EU-Kommission eine Liste mit drei ausgewählten Bietern vorlegen, wie die Nachrichtenagentur Reuters nach eigenen Angaben vergangene Woche erfahren hatte. Zu den Interessenten gehören den Kreisen zufolge Eon, die französische EdF, Iberdrola aus Spanien, die italienische Eni und die britische Centrica.
manager-magazin.de mit Material von dpa und reuters