Linienflug Premiere für den A380
Singapur/Sydney - Als der Airbus A380 von Singapore Airlines in den Morgenhimmel über Singapur steigt, beginnt eine neue Epoche der Zivilluftfahrt. Das erste Mal startet das riesige Flugzeug zu einem kommerziellen Flug - 37 Jahre, 9 Monate und 4 Tage nach dem ersten Passagierflug der Boeing 747 löst der A380 damit den Jumbo als größten Jet im Passagierverkehr ab. Siebeneinhalb Stunden nach dem Start setzt Flug SQ380 um 17.24 Uhr Ortszeit auf der Landbahn in Sydney auf. Pilot Robert Ting hatte zuvor noch eine Ehrenrunde über dem weltberühmten Opernhaus von Sydney gedreht.
Lange mussten die Kunden auf diesen Tag warten. Die Lieferung des wuchtigen Flugzeugs hatte sich wegen Produktionsproblemen um rund 18 Monate verzögert. So kam als jüngster Passagier ein zehn Monate altes Baby auf den Premierenflug. Als die Eltern sich zu dem ursprünglich 2006 geplanten Flug entschlossen, war der Kleine noch nicht da. Ältester Gast an Bord war Leong Lou Teck (91). Singapore Airlines hatte für den Premierenflug eigens einen Champagner-Brunch kreiert. In der ersten Klasse wurden Lobsterschwanz und Entenbrust serviert. Unter den Passagieren waren auch vier Deutsche.
"Das ist schon ein gewaltiges Flugzeug", sagt Dirk Schrom aus Halle beeindruckt. Der 35-Jährige hat eines der Tickets ersteigert. Zwischen 400 und 73.000 Euro bewegte sich der Preis für den rund siebenstündigen Flug. "Luftfahrt hat mich schon immer fasziniert", erzählt Schrom. Er habe den A380 im vergangenen Jahr zum ersten Mal auf der Luftfahrtmesse in Berlin live gesehen. "Da hat mich das Flugzeug schon beeindruckt - und jetzt ist es eine tolle Sache, dabei zu sein." Wie viel er selbst bezahlt hat, mag er aber nicht sagen.
Den teuersten Platz belegt Geschäftsmann Julian Hayward aus Sydney. Der 38-Jährige durfte in Singapur als erster einsteigen, weil er bei der Online-Auktion für die Tickets den höchsten Preis bezahlt hatte: 73.000 Euro für zwei Erste-Klasse-Plätze auf dem Hin- und Rückflug. Das Geld, das durch die Auktion einging - rund 915.000 Euro - wird für gute Zwecke gespendet.
Thomas Lee aus Kalifornien kennt als einziger an Bord den direkten Vergleich zwischen A380 und 747-Premiere: Als 17-Jähriger war er beim ersten Passagierflug der 747 an Bord. "Ich bin schwer beeindruckt, vor allem vom Raumangebot", sagt er. Die Boeing 747 sei aber 1970 genauso ein neuer Schritt der Technik gewesen wie heute der A380.
Für die Kabinentechnik an Bord des A380 ist der Flug ein Härtetest unter Realbedingungen. Die Gäste schalten das Videoprogramm durch alle Kanäle, probieren Computerspiele und Laptopanschlüsse aus. "Wir legen hiermit den Standard für die nächsten Jahre fest", sagt Singapore-Airlines-Chef Seng. Die Kabine ist Visitenkarte und Wettbewerbsfaktor. Auf den heftig umkämpften Strecken von Europa über Südostasien oder Mittelost nach Australien gehen neben Singapore Airlines in Kürze noch mehrere andere Fluggesellschaften mit dem A380 an den Start: So haben die australische Qantas, Emirates und British Airways ebenfalls den A380 geordert.
Bei aller Premierenstimmung an Bord bleibt Chefpilot Robert Ting ganz gelassen. Auch wenn der A380 seinen ersten Tag auf der Linie hat und nagelneu ist - Ting und seine Kollegen kennen das Flugzeug schon aus vielen Probeflügen bei Airbus: "Liebe Gäste - auch wenn dieses Flugzeug ganz neu ist - wir haben vorher schon ausgiebig trainiert und geflogen", sagt er schmunzelnd zur Begrüßung der Passagiere. Außerdem hat er notfalls kompetente Verstärkung im Cockpit. Airbus-Cheftestpilot Claude Lelaie ließ es sich nicht nehmen, die Kollegen beim Premierenflug zu begleiten - und er steuerte bereits den allerersten A380-Flug im April 2005.
von Heiko Stolzke, dpa