Postbranche 50.000 Arbeitsplätze in Gefahr
Berlin - "Die Unternehmer legten nachvollziehbar und glaubhaft dar, dass sie bei Mindestlöhnen von 8 bis 9,80 Euro ihre Firmen in die Insolvenz führen müssten", zitierte das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL am Samstag vorab aus dem Protokoll einer Anhörung von Konkurrenten der Deutschen Post am Mittwoch vergangener Woche im Wirtschaftsministerium. Hauptsächlich ehemalige Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte würden ihre Jobs verlieren, heißt es.
Das Ministerium wollte den Bericht am Samstag nicht kommentieren. Zu internen Protokollen werde nichts gesagt, hieß es zur Begründung.
Wenn sie den gleichen Marktanteil wie die Post hätten, dann könnten sie auch die gleichen Löhne zahlen, argumentierten die Post-Konkurrenten, zu denen etwa TNT Post und die Pin AG gehören, in dem Schriftstück. Nach Angaben von Teilnehmern kündigte der Vertreter des niederländischen Unternehmens TNT an, das Engagement in Deutschland überhaupt zu überdenken, wenn Mindestlöhne in der angestrebten Höhe umgesetzt würden.
Wirtschaftsstaatssekretär Walther Otremba, der das Treffen leitete, erklärte laut Protokoll, Investitionen der Unternehmen dürften nicht durch neue Wettbewerbshindernisse entwertet werden. Den umstrittenen Tarifvertrag hatte kürzlich ein von der Deutschen Post dominierter Arbeitgeberverband mit der Gewerkschaft Verdi vereinbart, noch bevor sich neue Arbeitgeberverbände in der Branche formiert hatten. Danach gilt für Briefzusteller ein Mindestlohn von 9,80 im Westen und 9,00 Euro im Osten.
Schachzug der Deutschen Post?
Das Bundeskabinett hatte vor Kurzem beschlossen, die Briefzusteller in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufzunehmen und diesen Mindestlohn für allgemein verbindlich zu erklären. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hatte gegen diesen vor allem von SPD-Seite betriebenen Kabinettsbeschluss erhebliche Bedenken vorgebracht. Nach Ansicht der Postkonkurrenten versucht der ehemalige Monopolist, mit diesem deutlich über einem vom DGB geforderten flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro die Konkurrenz auf Distanz zu halten.
Der frisch gegründete Verband der neuen Brief- und Zustelldienste, dem auch PIN und TNT angehören, hatte an Verdi appelliert, mit ihm über einen niedrigeren Mindestlohn zu verhandeln. Die Gewerkschaft lehnte dies jedoch bislang ab. Der Arbeitgeberverband will einen Mindestlohn von höchstens 7,50 Euro erreichen, alles andere sei Existenz bedrohend für die Mitwettbewerber.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warf der großen Koalition indes vor, mit ihrer grundsätzlichen Einigung auf Mindestlöhne in bestimmten Branchen dem Standort Deutschland Schaden zuzufügen. DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun warnte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" davor, "die Belebung am Arbeitsmarkt durch Mindestlöhne zu bremsen". Durch einen flächendeckenden Mindestlohn von 7,50 Euro würden nach Expertenmeinung 1,7 Millionen Vollzeitjobs unter Druck geraten und der aktuelle Aufschwung in Deutschland gefährdet. Auch eine entsprechende Regelung für Briefdienstleister wäre ein "riesengroßer Fehler".
manager-magazin.de mit Material von ap und dpa