SachsenLB-Verkauf Der notwendige Schritt
Dresden/Stuttgart - In einem eilig eingefädelten Notverkauf flüchtet sich die SachsenLB unter die Fittiche der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Nach hohen Verlusten aus riskanten Geschäften im Zuge der US-Hypothekenkrise verliert die einzige ostdeutsche Landesbank ihre Eigenständigkeit. Um das Überleben des Leipziger Instituts zu sichern, schießt die Stuttgarter LBBW ihm sofort Eigenkapital von 250 Millionen Euro zu.
Der Bankenexperte Wolfgang Gerke hat den Deal als "längst überfällig" begrüßt. "Aber viel schöner wäre, so etwas, wäre es als Strategie entstanden und nicht als Notlösung", sagte er am Montag dem Bayerischen Rundfunk. Die sächsische Landesbank verdiene "schon längere Zeit in ihrem angestammten Geschäft nicht das, was man im Markt verdienen muss, um eine Existenzberechtigung zu haben". Nach Einschätzung Gerkes lassen sich durch Zusammenschlüsse von Landesbanken Kosten sparen.
Das Selbstbewusstsein in Baden-Württemberg ist entsprechend groß. "Wer, wenn nicht wir hätte das tun können?", kommentierte der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) am Sonntag in Stuttgart die Rettungsaktion der größten deutschen Landesbank. Dem scheint man in Sachsen zuzustimmen. "Die SachsenLB kommt aus stürmischer See in einen sicheren Hafen", sagte Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt in Dresden.
"Auf Grund der Turbulenzen an den Märkten und des daraus entstandenen Drucks auf die Bank wäre eine Fortführung ohne Partner nicht aussichtsreich gewesen", räumte der CDU-Politiker ein. Für die LBBW soll die SachsenLB Brückenkopf nach Mittel- und Osteuropa werden, wie Vorstandschef Siegfried Jaschinski sagte. Das Land grenzt an Polen und Tschechien.
Gespräche über WestLB auf Eis gelegt
LBBW legt Gespräche über WestLB auf Eis
Das Konstrukt sieht aus wie folgt: Von 2008 soll die SachsenLB als Tochter der LBBW firmieren, ähnlich wie bereits die Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP). Bis dahin fungiert sie als Treuhänder. Die LBBW stellt der Leipziger Bank 250 Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung. Entsprechend einer Bewertung des sächsischen Landesinstituts zum Jahresende 2007 würden dann der endgültige Verkaufspreis festgelegt und die beiden Banken verschmolzen. Der Kaufpreis soll allerdings mindestens 300 Millionen Euro betragen, wie Milbradt am Sonntag sagte. Oettinger nannte dagegen eine Obergrenze von 800 Millionen Euro.
Allerdings habe sich nach Angaben Milbradts die LBBW eine Rückgabeklausel einräumen lassen, wenn sich mehr außerordentliche Verluste ergäben, als in der Eile zu erkennen gewesen seien. Der baden-württembergische Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) sagte allerdings, er sei überzeugt, dass der Kauf der SachsenLB "ein gutes Geschäft" sei. Mögliche milliardenschwere Risiken könnten von einer großen Bank besser getragen werden. Er glaube nicht, dass ein Rücktritt vom Kaufvertrag erforderlich werden könnte. Auf keinen Fall müsse der Steuerzahler Geld zuschießen, fügte er hinzu.
Am Montag ergänzte er gegenüber dem Rundfunksender SWR1, ein Zusammenschluss der LBBW mit der WestLB sei derzeit nicht in Sicht, die Gespräche lägen auf Eis. Bevor Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers nicht wisse, welche Lösung für die WestLB funktioniere, werde es keine weiteren Verhandlungen geben, zitierte der Sender den Finanzminister. Rüttgers hat sich gegen eine derartige Fusion positioniert; er favorisiert dem "Focus" zufolge eine Zweiteilung des Landesbankensektors in eine Nord- und eine Süd-Gruppe.
Der Hals über Kopf am Wochenende ausgehandelte Verkauf der SachsenLB geht offenbar auf massiven Druck der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zurück. BaFin-Chef Jochen Sanio, der an den Verhandlungen teilnahm, habe deutlich gemacht, dass jede weitere Verzögerung die Verluste der SachsenLB erhöht hätte, betonte Milbradt. Eine BaFin-Sprecherin wies aber Angaben aus sächsischen Regierungskreisen zurück, wonach Sanio ultimativ eine Übernahme der SachsenLB bis Sonntagabend gefordert habe: "Die Bank stand nicht vor einer Schließung."
Was war geschehen?
Was war geschehen?
Die Landesbank war in den Strudel der US-Hypothekenkrise geraten, weil eine Tochter in Dublin riskante Geschäfte am Markt für verbriefte Kreditforderungen außerhalb der Bilanz betrieb.
Während vor einer Woche noch die Sparkassen-Finanzgruppe mit einer vom Land Sachsen abgesicherten Kreditlinie von mehr als 17 Milliarden Euro für eine der waghalsigen Finanzkonstruktionen einstand, schlugen drohende Verluste eines zweiten sogenannten Conduit ("Georges Quay") direkt auf die Bilanz der Bank durch und schmälerten ihr Eigenkapital von zuletzt rund 1,5 Milliarden Euro drastisch.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Oettinger sagte, die Probleme der Sachsen seien "aus heutiger Sicht beherrschbar" und ließen sich binnen kurzem lösen. LBBW-Chef Jaschinski sagte, er sehe bei der SachsenLB derzeit nicht das Risiko von Kreditausfällen. Das Geschäft in Irland will Jaschinski zurückfahren, Stellenstreichungen soll es in Leipzig aber unter dem Strich nicht geben.
Eine Sonderprüfung der BaFin bei der SachsenLB-Tochter in Dublin ist offenbar ohne Konsequenzen geblieben. Die SachsenLB sei aufgefordert worden, die 2004/05 dort festgestellten Mängel abzustellen, bestätigte eine BaFin-Sprecherin einen Bericht des Nachrichten-Magazins DER SPIEGEL. Finanzkreisen zufolge ging es um massive Mängel im Risikomanagement. Eine Mitschuld der BaFin an der Situation sieht das Bundesfinanzministerium nicht: "Ein Funktionieren der Bankenaufsicht ist keine Versicherung dagegen, dass Fehlentscheidungen getroffen werden", sagte ein Sprecher.
Die sächsische Landesregierung will wegen der Notsituation auf eine Zustimmung des Landtags zu der Übernahme verzichten.
Nach einem Gespräch mit Ministerpräsident Milbradt mäßigte die Opposition ihre Kritik daran. "Der Schritt ist notwendig, um einen Schlussverkauf bei der SachsenLB zu verhindern", sagte die sächsische Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau.
Eine Krise ganz anderer Art scheint allerdings für Milbradt heraufzudämmern. Der Fraktionschef der Linken im Dresdner Landtag, André Hahn, fordert wegen der Krise um die SachsenLB den Rücktritt des Ministerpräsident und seines Finanzministers Horst Metz (ebenfalls CDU). Mit dem Verkauf der Landesbank sei die Suche nach den Verantwortlichen für das Desaster nicht abgeschlossen, sagte Hahn der "Berliner Zeitung" (Montagausgabe). "Hier geht es um Managementfehler. Und hier geht es um die politische Verantwortung des Ministerpräsidenten und seines Finanzministers. Milbradt und Metz müssen ihren Hut nehmen", sagte Hahn.
Manager-magazin.de mit Material von ap, ddp und reuters