Countrywide Griff nach dem Rettungsring

Die größte Hypothekenbank der USA ist im Sog der Immobilienkrise auf einen 11,5-Milliarden-Dollar-Kredit angewiesen. Nach Einschätzung von Merrill Lynch steht Countrywide vor der Pleite. Der Aktienkurs brach ein. Finanzminister Paulson rechnet mit Folgen der Krise für das Wirtschaftswachstum.

New York - Die US-Hypothekenkrise bringt den größten US-Anbieter von Baufinanzierungen in immer größere Nöte. Befürchtungen vor einem Konkurs im Zuge massiver Liquiditätsprobleme ließen den Aktienkurs von Countrywide Financial  am Mittwoch um 13 Prozent einbrechen und damit so stark wie noch nie seit dem Börsencrash 1987. Dem kalifornischen Hypothekenfinanzierer drohen zudem drastisch höhere Kosten für die Kreditaufnahme an den Finanzmärkten.

Zur Verbesserung der angespannten Finanzlage nimmt Countrywide Kredite über 11,5 Milliarden Dollar in Anspruch. Die Kreditlinie werde von 40 der weltweit größten Banken bereitgestellt, erklärte das wegen der Hypothekenkrise in Liquiditätsnöte geratene Unternehmen am Donnerstag. Mehr als 70 Prozent davon habe eine Laufzeit von mehr als vier Jahren, während die restlichen Darlehen mindestens ein Jahr liefen. Die Countrywide-Aktien bauten nach der Erklärung ihre Kursverluste vorbörslich weiter aus und lagen mehr als 17 Prozent im Minus.

Auslöser für die heftigen Verluste bei Countrywide am Mittwoch war eine Warnung des Analysten Kenneth Bruce von Merrill Lynch  vor einem möglichen Bankrott des Hypothekenfinanzierers.

"Wenn der finanzielle Druck auf Countrywide ausreichend stark wird oder der Markt Vertrauen in das Unternehmen verliert, dann kann das Modell platzen und letztlich zur Insolvenz führen", erklärte der Branchenexperte. Er stufte die Aktie auf "verkaufen" von "kaufen" herab.

Ein Firmensprecher wollte sich zu den Kommentaren des Analysten nicht äußern und sagte lediglich: "Das Management konzentriert sich voll darauf, die Firma in einem sich wandelnden Marktumfeld zu führen." Auch die Kurse für Countrywide-Anleihen sanken kräftig. Das Unternehmen muss sich Händlern zufolge zudem mittlerweile darauf einstellen, etwa doppelt soviel an Zinsen für die Aufnahme kurzfristiger Gelder an den Finanzmärkten zu zahlen als bislang. Dies könnte die Liquiditätsprobleme verschärfen.

Die Aktien von Countrywide sind bereits seit Monaten auf Sinkflug. Der Hypothekenfinanzierer büßte in diesem Jahr die Hälfte seines Wertes ein und kommt nunmehr auf eine Marktkapitalisierung von nur noch 12,3 Milliarden Dollar.

Finanzminister Paulson warnt

Finanzminister Paulson warnt

Ungeachtet dessen hatte Countrywide-Chef Angelo Mozilo vor drei Wochen noch angekündigt, sein Unternehmen werde bald wieder Marktanteile gewinnen und zu den weltweit führenden Firmen der Branche gehören. In den vergangenen Wochen hat sich die Krise rapide verschärft. Die gesamte Branche leidet unter einer steigenden Zahl von Zahlungsausfällen der Schuldner, da die Zinslast stieg und zugleich die Häuserpreise nach einem jahrelangen Boom einbrachen. Dies macht Verkäufe der Hypothekenkredite an den Kapitalmärkten zunehmend schwieriger. Zudem werden Banken bei der Vergabe von Darlehen an Anbieter von Baufinanzierungen immer restriktiver.

Die Folge: Dutzende Finanzinstitute haben sich 2007 von diesem Markt verabschiedet, zahlreiche weitere gingen pleite. Die Krise ist schon lange nicht mehr auf die USA beschränkt. Weltweit steigt die Angst der Anleger vor einer Ausweitung der Hypothekenprobleme auf die gesamte Finanzbranche. Dies könnte dann den Wirtschaftsaufschwung kräftig abbremsen. Zahlreiche Fonds auch in Deutschland, die am Hypothekenmarkt engagiert waren, mussten angesichts von Panikverkäufen ihrer Anleger bereits schließen.

Auch in Australien haben schon mehrere Institute vor Verlusten wegen der Krise gewarnt. Jüngstes Opfer ist der Hypothekenfinanzierer Rams Home Loan Group , der am Donnerstag Probleme bei der Refinanzierung von Milliardenkrediten einräumte. Auch Rams hat zunehmend Schwierigkeiten, am Kapitalmarkt Anleger für seine Papiere zu finden, was die Finanzierungskosten hochtreibt. Dies ließ den Aktienkurs um 60 Prozent einbrechen und bescherte dem Gesamtmarkt in Sydney die höchsten Tagesverluste seit mehr als sieben Jahren.

In der vergangenen Woche hatte Wettbewerber American Home Gläubigerschutz beantragt. Zuvor hatte American Home einen Teil seines Geschäfts an Countrywide abgegeben. Beide Häuser vergeben überwiegend Kredite an Kunden mit hoher Bonität, sind also nur gering am so genannten Subprime-Geschäft beteiligt.

US-Finanzminister Henry Paulson erwartet Wachstumseinbußen durch die weltweite Krise an den Kreditmärkten. Die Neubewertung von Risiken am Finanzmarkt sei kaum eine Überraschung und unvermeidlich, sagte Paulson dem "Wall Street Journal" laut dessen Online-Ausgabe vom Donnerstag. Allerdings seien Wirtschaft und Märkte stark genug, die Verluste zu absorbieren.

manager-magazin.de mit Material von reuters

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