Hamburg - Die Dokumente liegen dem Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL nach eigenen Angaben vor. Die Anti-Korruptions-Abteilung der Kraftwerkssparte habe der Erlanger Kanzlei Bissel + Partner Ende Januar 2005 den Auftrag erteilt, dubiose Zahlungen des Unternehmens nach Liechtenstein zu untersuchen.
Hintergrund seien die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Darmstadt gegen zwei inzwischen verurteilte Siemens-Manager im Zusammenhang mit Schmiergeldzahlungen an Verantwortliche des italienischen Energiekonzerns Enel gewesen.
In ihrem Bericht kommen die Anwälte laut Magazin zu einem brisanten Schluss: "Im Zeitraum 1997 bis 1999 wurden 126 Zahlungsvorgänge zwischen Siemens PG und der Neuen Bank Liechtenstein untersucht." Das Volumen habe genau 189.942.306,15 Euro betragen.
Darunter seien auch 26 Überweisungen auf das Konto der Liechtensteiner Briefkastenfirma Eurocell, über das die Enel-Schmiergelder gezahlt worden waren. Pikant für
Siemens sei vor allem, dass gut 40 Millionen Euro auch nach Februar 1999 noch auf die drei Konten einbezahlt worden seien und somit zu einer Zeit, als Schmiergeldzahlungen ins Ausland schon unter Strafe standen.
Siemens wollte sich laut Magazin zu dem Fall mit Blick auf noch laufende Ermittlungen nicht äußern. Man unterstütze diese aber und sei an voller Transparenz interessiert, sagte ein Konzernsprecher.
Durch die Schmiergeldaffäre drohen Siemens insgesamt Strafen in Milliardenhöhe. Der Konzern könnte schlimmstenfalls sogar von öffentlichen Aufträgen in Amerika ausgeschlossen werden. Siemens hat mit Peter Löscher deshalb einen neuen Vorstandschef ins Unternehmen geholt, der mit den Schmiergeldvorwürfen auf keinen Fall in Verbindung gebracht werden kann.
Löscher soll das in ein Korruptionsverfahren bislang
nie gekannten Ausmaßes verstrickte Traditionshaus wieder zu einem angesehenen Unternehmen machen, "auf das die Mitarbeiter stolz sind und die Welt mit Respekt schaut", wie es der Siemens-Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Cromme beschreibt.