Bundeshaushalt Leithammel, nicht Melkkuh
Berlin - Die Bundesregierung wird nach den Worten von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ungeachtet der entspannteren Haushaltslage an ihrem Kurs der Etatsanierung festhalten. Das sagte Steinbrück auf der Etatdebatte am Dienstag.
Die derzeit gute Konjunktur könne keine Entschuldigung sein, im Sparwillen nachzulassen, sagte der Minister. Mit dem Haushalt 2007 und der darin vorgesehenen Absenkung der Neuverschuldung auf den niedrigsten Stand seit 1990 habe die Bundesregierung ein Signal gesetzt für ihren Sanierungskurs. Mit den aktuell besseren Steuereinnahmen aufgrund der günstigen Konjunktur sei das Grundproblem der hohen Staatsverschuldung aber noch lange nicht gelöst. Der Bundeshaushalt entwickle sich im Übrigen weniger günstig als die Länder- und Gemeindehaushalte, sagte Steinbrück.
Als eine Art Melkkuh für diese beiden Ebenen werde er nicht mehr herhalten: "Das funktioniert auf Dauer so nicht mehr." Steinbrück wiederholte, dass die Neuverschuldung des Bundes in diesem Jahr etwa 30 Milliarden Euro statt der zunächst geplanten 38,2 Milliarden Euro erreichen dürfte. Die deutsche Defizitquote könnte auf 2,2 Prozent, vielleicht sogar auf 2,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sinken. Das wäre das erste Mal seit 2001, dass Deutschland wieder die europäische 3-Prozent-Grenze unterschreiten würde. 2007 will der Bund nur noch neue Kredite über 19,6 Milliarden Euro aufnehmen. Der Minister betonte, an der Notwendigkeit von Strukturreformen habe sich nichts geändert. Bei der geplanten Unternehmensteuerreform gehe es nicht darum, Steuergeschenke zu verteilen.
Sprung nach vorne
Ziel sei es, im internationalen Standortvergleich einen großen Sprung nach vorn zu schaffen. Deutschland als europäischer Leithammel? Angesichts der wiederholten Verstöße des Bundes gegen den Grundsatz der Verfassung, die Neuverschuldung unterhalb der Investitionen zu halten, sprach sich Steinbrück daher für eine Änderung dieses Passus im Grundgesetz aus. Die Neuformulierung des entsprechenden Artikels 115 werde im Rahmen der Föderalismusreform II eine wichtige Rolle spielen müssen.
Trotz der vor ihm liegenden Arbeit gibt sich der Minister optimistisch und zieht eine positive Bilanz der einjährigen Amtszeit der schwarz-roten Bundesregierung. Den Prognosen zufolge werde die Wirtschaft 2006 wahrscheinlich um 2,3 bis 2,5 Prozent wachsen und damit "so stark wie selten in den letzten Jahren", betonte der Minister. Vor allem sei es ein "Zeichen von Stärke", dass Deutschland erneut Exportweltmeister geworden sei, fügte er hinzu.
Zugleich komme die Baukonjunktur "zum ersten Mal seit Jahren aus einem Tal heraus", und auch die Binnennachfrage springe allmählich an. Ungeteilten Beifall fand der Minister für diese Äußerungen allerdings nicht: Jürgen Koppelin (FDP) sprach von einer nur "halbherzigen Konsolidierungspolitik", unzureichenden Ausgabenkürzungen und einem Etat der "vertanen Chancen". "Es wird abkassiert, wo es nur geht", kritisierte er. Von der Koalition kämen dagegen keine Beiträge.
manager-magazin.de mit Material von ddp, dpa und reuters