Reformen "Harte Maßnahmen" und "tief greifende Veränderungen"
Berlin - "Die Richtung stimmt in unserer Regierungsarbeit", sagte Merkel am Dienstag nach einer Klausurberatung des Kabinetts während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vizekanzler Franz Müntefering (SPD). Die "Wende zum Besseren" sei eingeleitet.
Die große Koalition solle couragiert weiterarbeiten und so das Vertrauen der Bevölkerung in die politische Arbeit stärken. Bei den geplanten Reformen in der Legislaturperiode gehe es um das Gemeinwohl, Einzelinteressen müssten zurückgestellt werden.
Merkel räumte zugleich ein, dass bei den Bürgern die Zustimmung zur Politik der Bundesregierung "noch nicht da ist". Es sei ein "hohes Maß an Skepsis" vorhanden. Als Grund hierfür nannte die Kanzlerin eine "Reihe harter Maßnahmen". Hierzu zählte sie unter anderem den Abbau von Steuervergünstigungen, die Erhöhung der Mehrwertsteuer oder die Rente mit 67.
Bau-Sanierungsprogramm wird vorgezogen
Das Vertrauen der Menschen in die politische Arbeit sei verbesserungswürdig. Entscheidend seien aber die Zweifel der Bürger, ob die positiven Entwicklungen der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt von Dauer seien oder bald wieder von neuen Hiobsbotschaften abgelöst würden. Daher müsse sich die Koalition bei ihren Reformen an den langfristigen Zielen von mehr Wachstum und Beschäftigung orientieren.
Um zusätzliche Wachstumsimpulse zu geben, sollte das bereits gestartete Programm zur Gebäudesanierung vorangetrieben werden. Die für dieses Jahr vorgesehenen Mittel seien bereits ausgeschöpft. Daher sollten der Finanzminister und der Bauminister dafür sorgen, dass 360 Millionen Euro, die für die Zukunft vorgesehen seien, vorgezogen werden. Das Programm würde aber nicht aufgestockt.
Mehreinnahmen für Abbau der Staatsverschuldung
Mögliche Mehreinnahmen für den Staat in diesem Jahr sollten nach den Worten von Merkel für den Abbau der Neuverschuldung genutzt werden. Sollte es Spielraum geben, sollte es die erste Pflicht sein, die bisher veranschlagte Nettokreditaufnahme von 38,2 Milliarden Euro zu senken, sagte Merkel.
Dann würden die Menschen in Form geringerer Zinszahlungen profitieren.
Merkel verwies zugleich darauf, dass es nach wie vor eine ganze Reihe Risiken gebe.
Gesundheitsreform: Merkel stützt Schmidt
Gesundheitsreform: "Tief greifende Veränderungen"
Im Ringen um die Gesundheitsreform hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Gesundheitsministerin Ulla Schmidt den Rücken gestärkt. Bei der Umsetzung der beschlossenen Eckpunkte stimmten die SPD-Gesundheitsministerin und sie selbst "100 Prozent überein", sagte Merkel. Schmidt habe ihre "volle Unterstützung".
Merkel räumte ein, es handele sich um das "schwierigste Thema", das sich die Koalition vorgenommen habe. Die Reform werde "eine sehr tief greifende Veränderung des Gesundheitswesens" mit sich bringen.
Merkel forderte wie zuvor bereits Schmidt die gesetzlichen Krankenkassen auf, die Reform umzusetzen. Die Kassen lehnen die Reform in weiten Teilen ab und warnen vor stark steigenden Beiträgen.
Höhere Steuerzuschüsse möglich
"Die Krankenkassen kriegen völlig neue Verhandlungsmöglichkeiten", sagte die Kanzlerin. Sie müssten viel stärkere Diskussionen hierüber führen. So könnten die Kassen künftig verstärkt Preise mit den Arzneimittelherstellern aushandeln und so Spielräume zur Kostensenkung nutzen.
Merkel zeigte sich zuversichtlich über ein gutes Vorangehen der Fachberatungen. "Wir wollen, dass die Gesundheitsreform zum 1. Januar in Kraft tritt." Die Kanzlerin signalisierte, dass die Steuerzuschüsse ans Gesundheitssystem stärker steigen könnten als geplant. "Da kann man drüber reden, wenn man etwas übrig hat." Dies sei derzeit aber nicht der Fall.
Öffnung der Privaten Krankenkassen
Die Kanzlerin stimmte auf gravierende Änderungen für die private Krankenversicherung ein. Die Eckpunkte zielten darauf ab, dass künftig "jeder versichert ist", so dass private Krankenkassen neue Kunden bekommen würden. Vor allem könnten Privatversicherte aber durch die künftig mögliche Mitnahme der Altersrückstellungen ihre Versicherungen wechseln.
Berechnungen des Finanzministeriums zufolge droht vielen jüngeren Privatversicherten eine starke Beitragserhöhung durch die Änderungen. Merkel sagte: "Die Möglichkeiten des Wettbewerbs zwischen den einzelnen Anbietern müssen verbessert werden."
manager magazin.de mit dpa/rtr/vwd