EADS-Führung Schnellzüge und Baustoffe
Hamburg - Das war kurzer Prozess. Noch vergangenen Mittwoch musste EADS-Co-Chef Noel Forgeard der französischen Nationalversammlung Rede und Antwort stehen. Nun steht sein Nachfolger fest, Louis Gallois. Und der vom geschassten Airbus-Vorstand Gustav Humbert, Christian Streiff.
Die Großaktionäre wollten nicht länger zusehen, wie Ermittler von Finanzbehörden Konzernbüros durchsuchen. Auch wuchs der öffentliche Druck. Zu plausibel erscheint nach derzeitiger Indizienlage, dass sich führende EADS-Manager an der gegenwärtigen Airbus-Krise bereichert haben. Der Euro-Betriebsrat des Konzerns spottete kürzlich, "Gott und die Welt" hätten von den Lieferschwierigkeiten beim Airbus A380 gewusst. Und da soll die Führung ahnungslos gewesen sein, als sie ihre Aktienoptionen bediente?
Aufsichtsrat in deutschen Unternehmen
Anlaufschwierigkeiten beim Prestigeflugzeug, die Fehlplanung beim A350 - die Krise schwelt vorerst weiter. Auch der Führungswechsel wird Zeit kosten. Schon werden erste Unkenrufe laut, die neuen Manager seien für ihre Aufgabe nicht ausreichend qualifiziert.
Beim designierten Airbus-Chef Streiff leiten die Unken ihre Einschätzung aus dessen Lebenslauf ab. Er tritt bei Airbus seine erste Aufgabe im Luftfahrtbereich an. Der Franzose mit dem deutsch klingenden Namen ist hier zu Lande bisher als Aufsichtsrat in Erscheinung getreten, bei ThyssenKrupp und seit vergangenem Herbst bei Continental. In die Spitze eines Unternehmens schaffte er es bei Saint-Gobain, einem französischen Mischkonzern, der vor allem mit Glas und Baustoffen sowie als Autozulieferer sein Geld verdient.
Frankreichs ältestes Industrieunternehmen verließ Streiff vor gut einem Jahr im Streit. Er überwarf sich mit dem Konzernpatriarchen Jean-Louis Beffa. Im Mittelpunkt der Kontroverse sollen persönliche Querelen gestanden haben. Das "Handelsblatt" zitierte damals einen Insider des Unternehmens. Demnach sei Streiff zunehmend ungeduldig geworden und habe mit seiner Art Mitarbeiter vergrault.
Von fachlicher Seite wurde ihm nichts vorgeworfen. Sicher kann ein unvoreingenommener Blick auf die Situation bei Airbus nicht schaden.
Gallois führte die SNCF in schwarze Zahlen
Louis Gallois gehörte praktisch schon einmal zum Konzern, wenn auch an ganz anderer Stelle. Bis 1996 leitete er die Aerospatiale, die später in EADS aufging. Zuletzt stand er dem französischen Bahnkonzern SNCF vor. Dort ist er maßgeblich für den konsequenten Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes verantwortlich.
Seine Strategie bei SNCF war eine gnadenlose Konzentration auf die Märkte mit der größten Wachstumserwartung. So hat der Hochgeschwindigkeitszug TGV im Laufe von 25 Jahren sein eigenes Schienennetz bekommen, mit 1500 Kilometern ein Drittel des gesamten europäischen Netzes für superschnelle Züge. Inzwischen ist er zum entscheidenden Gewinnbringer geworden, der die meisten anderen Konzernbereiche quersubventioniert. Zum vierten Mal in Folge konnte die SNCF 2005 schwarze Zahlen melden.
Gallois hat dabei allerdings die anderen Sparten und Schienennetze wissentlich vernachlässigt. Erst kürzlich wurde ein Gutachten der École Polytechnique von Lausanne veröffentlicht, wonach die übrigen Gleisanlagen für herkömmliche Fernbahnen sowie für Regional- und Güterzüge völlig veraltet seien. Werde nicht eingegriffen, seien 60 Prozent des Netzes in 20 Jahren nicht mehr nutzbar. In den kommenden zehn Jahren müssten jährlich drei Milliarden Euro investiert werden. Die SNCF plant indes mit weiteren TGVs, allein 13 neue Linien bis 2010.
Ein Problem, um das sich jemand anders wird kümmern müssen. Gallois ist ab sofort CEO von EADS und führt das EADS Executive Committee, zusammen mit Tom Enders.