Tsunami Gedenken an die Katastrophe
Banda Aceh/Phuket/Colombo - Am Jahrestag des Tsunamis haben in Indonesien und anderen Ländern Asiens Tausende Menschen der Opfer der Naturkatastrophe gedacht. Mit einer Sirene gab der indonesische Präsident Susilo Bambang Yudhoyono um 8.16 Uhr (2.16 Uhr MEZ) in Banda Aceh das Signal für eine Schweigeminute. Die Menschen hielten zu dem Zeitpunkt inne, als die Riesenwelle vor genau einem Jahr die Küste erreichte. Die indonesische Provinz Aceh war damals zuerst betroffen, da sie dem Epizentrum des Seebebens der Stärke neun im Indischen Ozean am nächsten lag.
An der Zeremonie in Banda Aceh nahmen neben Überlebenden auch ausländische Würdenträger und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen teil. Von einer Bühne in Sichtweite des Meeres erinnerte Yudhoyono an den Moment, "als Mutter Erde ihre zerstörerischste Kraft auf uns losließ". Die Sirene, die er in Gang setzte, ist Teil eines Warnsystems, das im vergangenen Jahr noch nicht existierte. Später verstreute der Präsident Blütenblätter über einem Massengrab, in dem in den Tagen nach der Katastrophe 47.000 Menschen beigesetzt wurden.
Yudhoyono dankte der internationalen Gemeinschaft für ihre Unterstützung. Es gebe aber noch viel zu tun, betonte er. Die schwerste Naturkatastrophe in der modernen Geschichte löste eine bislang nie da gewesene weltweite Spendenbereitschaft aus. Den Vereinten Nationen zufolge kamen 13,6 Milliarden Dollar zusammen. Dennoch ist auch heute noch vielerorts die Not groß.
"Wichtige Lektion erteilt"
Uno-Generalsekretär Kofi Annan erklärte in einer Videobotschaft, die bei der Zeremonie in Banda Aceh abgespielt wurde, der Tsunami sei "so brutal, so schnell, so gewaltig gewesen, dass wir immer noch Schwierigkeiten haben, ihn ganz zu begreifen". Der frühere US-Präsident Bill Clinton, heute Uno-Botschafter für die Bewältigung der Tsunami-Folgen, erklärte: "Ich will, dass Sie wissen, dass ich nicht zufrieden sein werde, bis Sie anständige Häuser und Arbeitsmöglichkeiten haben." Zahlreiche Menschen beteten heute in Südasien an Massengräbern und nahmen an Gottesdiensten in Moscheen, Tempeln und Kirchen teil.
In Sri Lanka kamen die Menschen zu Gebeten zusammen, sie zündeten Öllampen an und gaben Almosen, um Segen für die Opfer zu erbitten. Landesweit war zu zwei Schweigeminuten für die nach offiziellen Angaben mehr als 30 000 Toten aufgerufen worden. Die zentrale Gedenkfeier fand in Pereliya im Süden des Inselstaats statt, wo die Flutwellen einen vollbesetzten Expresszug aus den Gleisen warfen. Dabei waren mehr als 1200 Menschen ums Leben gekommen worden.
Sri Lankas Präsident Mahinda Rajapakse rief seine Landleute zur Einheit auf. "Die Katastrophe hat uns die schmerzvolle, aber wichtige Lektion erteilt, dass die Menschen dieses Landes zusammenhalten und zusammenarbeiten müssen", sagte er in einer Rede. Die Zeremonie begann mit Gebeten buddhistischer, hinduistischer, muslimischer und christlicher Geistlicher. Nach zwei Schweigeminuten um 9.30 Uhr (4.30 Uhr) enthüllte Rajapakse ein Denkmal für die Opfer.
"Ich will einfach nur weinen"
Bei mehreren Feierlichkeiten an der Südküste Indiens sowie auf der indischen Inselkette der Andamanen und Nikobaren kamen die Menschen zu Gebeten zusammen und weihten Gedenkstätten für die nach offiziellen Angaben mehr als 12.000 Toten ein. Im Bundesstaat Tamil Nadu versammelten sich über tausend Schulkinder an einem Strand, an dem mehr als 300 von der Flut getötete Kinder begraben sind.
Bei der Katastrophe am 26. Dezember 2004 kamen rund um den Indischen Ozean mehr als 220.000 Menschen ums Leben. Die meisten Opfer gab es mit etwa 170.000 Toten an der Nordspitze der Insel Sumatra. Zu den Feierlichkeiten in Thailand waren zahlreiche Angehörige von ausländischen Touristen angereist, die von den Flutwellen getötet worden waren. Etwa die Hälfte der rund 5400 Todesopfern in Thailand waren westliche Urlauber, darunter auch 537 Deutsche.
"Ich will einfach nur weinen", sagte eine Australierin, die ein Hochzeitsfoto ihrer Tochter umklammerte, die - im dritten Monat schwanger - vom Tsunami hinfortgerissen worden war. "Mir fällt es schwer, das alles zu glauben. Aber ich fühle, dass all die Tsunami-Leute, die starben, bei uns sind. Das Wesen meiner Tochter lebt weiter."
In der indonesischen Stadt Padang erprobten die Behörden am Jahrestag der Katastrophe erstmals ein noch im Aufbau befindliches Tsunami-Warnsystem. Tausende Menschen nahmen an der vorher angekündigten Übung teil. Beim Ertönen des Alarms verließen die Menschen ihre Häuser oder ihren Arbeitsplatz und eilten auf eigens gebauten Wegen an höher gelegene Orte. Padang liegt im Westen der Insel Sumatra.
Deutsche Politiker gedenken der Opfer
Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul erinnerte in Berlin an die Toten und Vermissten. "Keiner und Keine von ihnen ist vergessen", erklärte sie am Sonntagabend. "Wir tun als Bundesregierung mit unsern Partnern alles, damit die Menschen in den gefährdeten Regionen möglichst bald ein funktionierendes Warnsystem nutzen können", betonte die SPD-Politikerin. Dafür setze Berlin 45 Millionen Euro ein
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) setzt zur Eindämmung der Gefahren durch Naturkatastrophen große Hoffnungen in das unter Regie von Potsdamer Wissenschaftlern entwickelte Tsunami-Frühwarnsystem. Er hoffe, dass es einen Beitrag zur Zukunftsvorsorge für bedrohte Gebiete leisten könne, sagte Platzeck.
Nach Angaben Platzecks sind im November die ersten Bojen für das deutsche Frühwarnsystem im Indischen Ozean verankert worden. Sie sollen Beben sicherer als bisher erkennen und Fehlalarme vermeiden helfen. In Indonesien werde das System voraussichtlich ab 2008 vollständig arbeiten.