Konzerne melden Milliardengewinne und kündigen Entlassungen an. Die Zahl der Arbeitslosen sowie der Benzinpreis erreichen Rekordhöhe. Der Airbus hebt ab, und der Mannesmann-Prozess wird neu aufgerollt: Ein Rückblick auf die wichtigsten Ereignisse in der Wirtschaft 2005.
Mit 16 Monaten Verspätung geht am 1. Januar das satellitengestützte Lkw-Mautsystem auf deutschen Autobahnen ohne Probleme in Betrieb. Für Lastwagen mit einem Gewicht von mehr als zwölf Tonnen werden pro Kilometer durchschnittlich 12,4 Cent Mautgebühr fällig. Eine Lösung bei den Milliarden-Forderungen an das Betreiber-Konsortium Toll Collect wegen der monatelangen Verzögerung gibt es zum Jahresende noch nicht.
Procter & Gamble übernimmt am 28. Januar den Rasierer-Spezialisten Gillette für rund 57 Milliarden Dollar. Im Herbst geben die Kartellwächter grünes Licht, zum Teil mit Auflagen. Rund 6000 Stellen - 4 Prozent der Gesamtbelegschaft - werden
gestrichen.
Maut-Start: Deutschlands Autobahnen werden für Lkw gebührenpflichtig
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Walter Bau ist am Ende: Der Konzern beantragt Insolvenz, Strabag übernimmt wesentliche Teile
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Februar
Die Walter Bau AG stellt als Kernstück des Konzerns Walter Bau wegen Zahlungsunfähigkeit am 1. Februar einen Insolvenzantrag. Wesentliche Teile mit rund 4100 Beschäftigten werden vom österreichischen Strabag-Konzern übernommen.
Die Deutsche Bank löst einen Sturm der Entrüstung aus, als sie nach einem Milliarden-Gewinn am 3. Februar den Abbau von insgesamt 6400 Stellen ankündigt, um die Rendite noch weiter zu steigern. Aus Politik und Gewerkschaften hagelt es heftige Kritik. Bankchef Josef Ackermann verweist auf profitable internationale Wettbewerber.
Am 9. Februar kündigt Carly Fiorina nach rund fünfeinhalb Jahren an der Spitze von Hewlett-Packard ihren Rückzug an. Die erste Chefin eines der 30 im Dow-Jones-Index notierten amerikanischen Großkonzerne gibt im Strategiestreit mit dem Verwaltungsrat auf. Fiorina hatte 2002 gegen den massiven Widerstand der Gründerfamilien die Übernahme des Konkurrenten Compaq durchgesetzt, die schwerer zu verdauen war als angenommen. Nachfolger Mark Hurd streicht im Juli weltweit 14.500 Stellen.
Die HypoVereinsbank kündigt am 24. Februar nach einem erneuten Milliardenverlust mit 2400 Jobs den Abbau von fast jeder zehnten Stelle in Deutschland an. In den vergangenen Jahren waren bereits weltweit 11.000 Arbeitsplätze gestrichen worden. Auslöser für den Verlust von 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2004 waren vor allem faule Immobilienkredite.
März und April
März
Am 1. März wird die Rekord-Arbeitslosenzahl von 5,216 Millionen für den Monat Februar mitgeteilt. Obwohl der Anstieg um 575.000 im Jahresvergleich auch mit statistischen Effekten durch die Hartz-IV-Umstellung zusammenhängt, sorgt die symbolträchtige Zahl fünf Millionen für politischen Zündstoff.
Boeing-Chef Harry Stonecipher verliert am 7. März seinen Job wegen einer Beziehung zu einer Angestellten des Unternehmens. Die Fähigkeit des 70-Jährigen, Boeing zu führen, habe unter der Affäre gelitten, heißt es zur Begründung. Die Geschäftsentwicklung des Flugzeugbauers habe nichts damit zu tun.
Am 22. März übernimmt die Lufthansa die angeschlagene Schweizer Airline Swiss für rund 300 Millionen Euro. Die Marke bleibt erhalten.
Rekord-Arbeitslosenzahl: Zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands übersteigt die Zahl der Arbeitslosen die Fünf-Millionen-Grenze
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König der Lüfte: Der Riesen-Airbus A380 absolviert erfolgreich seinen Jungfernflug
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April
Am 27. April startet der größte Passagierjet der Welt zu seinem Jungfernflug. Der Airbus A380, der bis zu 853 Passagiere aufnehmen kann, absolviert problemlos einen knapp vierstündigen Rundflug. Ende Oktober gibt es erste Flughafen-Tests in Frankfurt. Für Verärgerung bei einigen Fluggesellschaften sorgt jedoch die Ankündigung einer mehrmonatigen Verzögerung bei der Auslieferung.
Gegen den Protest von Kleinanlegern setzt die Deutsche Telekom als Großaktionär am 29. April die Wiedereingliederung des Internetanbieters T-Online in den Mutterkonzern durch. Die T-Online-Aktionäre sollen für einen Anteilsschein 0,52 Telekom-Aktien erhalten. Dies entspräche einem Wert von rund acht Euro. Beim Börsengang im Frühjahr 2000 kostete das Papier noch 27 Euro.
Mai und Juni
Mai
Adidas trennt sich am 1. Mai von Salomon. Nach acht Jahren verkauft Europas größter Sportartikelhersteller die französische Wintersport- und Outdoorsparte. Auf der nächsten Hauptversammlung soll der Name von Adidas-Salomon wieder in Adidas geändert werden. Salomon hatte 1997 umgerechnet rund 1,2 Milliarden Euro gekostet. Der Verkauf wird mit 485 Millionen Euro bewertet.
Im Machtkampf mit Großaktionären aus angelsächsischen Investmentfonds gibt die Führungsspitze der Deutschen Börse(Kurswerte anzeigen) am 9. Mai auf. Vorstandschef Werner Seifert verlässt das Unternehmen, auch Aufsichtsratschef Rolf Breuer kündigt sein Ausscheiden an. Anlass für den Streit war die versuchte Übernahme der Londoner Börse LSE. Der britische Hedgefonds TCI hatte Anfang März den Abbruch der Fusionspläne erzwungen.
Der einstige Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff übernimmt am 11. Mai das Ruder beim angeschlagenen Handelskonzern KarstadtQuelle. Zuvor hatte er bereits als Aufsichtsratschef großen Einfluss. Der bisherige Chef Christoph Achenbach trat im April zurück.
Am 19. Mai werden erstmals Tickets für die Deutsche Bahn bei einem Discounter angeboten. Innerhalb weniger Stunden verkauft Lidl 1,1 Millionen Hin- und Rückfahrkarten zu 50 Euro. Wettbewerbshüter werfen der Kette zu aggressive Werbung vor, das Beispiel macht jedoch Schule: Kurze Zeit später bietet Air Berlin Flüge bei Penny an, DBA verkauft seine Tickets bei Aldi und Karstadt verschenkt eine Reise nach New York beim Kauf einer Winterjacke.
Trendsetter: Lidl verkauft Deutsche-Bahn-Tickets - das Beispiel macht Schule
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Die guten Zeiten sind vorbei: VW-Personalchef Peter Hartz (li.) und Skoda-Personalchef Helmut Schuster müssen wegen der VW-Affäre zurücktreten
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Juni
Nach langem Zögern trennt sich Siemens am 7. Juni von seinem verlustreichen Handygeschäft. Der taiwanesische BenQ-Konzern bekommt eine Starthilfe und darf die Marke Siemens zunächst weiter nutzen. Die Kosten der Abtrennung werden auf insgesamt 300 Millionen Euro geschätzt.
Am 25. Juni kommt die VW-Affäre durch einen Schmiergeldverdacht beim ehemaligen Skoda-Personalchef Helmuth Schuster ins Rollen. Betriebsratschef Klaus Volkert und Personalchef Peter Hartz treten kurz darauf zurück. Nach und nach kommen immer mehr Details über Lustreisen von Betriebsrätne und Managern auf Unternehmenskosten ans Licht.
Juli und August
Juli
Der ehemalige Chef des einst zweitgrößten amerikanischen Telekomkonzerns Worldcom, Bernard Ebbers (63), wird am 13. Juli wegen Betrugs und Bilanzfälschung zu 25 Jahren Haft verurteilt. Das Unternehmen brach 2002 zusammen, nachdem Unregelmäßigkeiten in der Bilanz in Höhe von elf Milliarden Dollar bekannt wurden. Es war die größte Bilanzfälschung in der US-Geschichte.
China wertet am 21. Juli überraschend die Nationalwährung Yuan um 2,1 Prozent auf und hebt nach mehr als einem Jahrzehnt die Dollar-Bindung auf. Führende Industrienationen, vor allem die USA, hatten seit längerem eine Aufwertung der chinesischen Währung verlangt. Der Yuan wird an einen Währungskorb gebunden.
Am 28. Juli findet die Ära Schrempp bei DaimlerChrysler ein abruptes Ende. Nach zehn Jahren an der Spitze kündigt Vorstandschef Jürgen Schrempp (60) seinen Rückzug zum Jahreswechsel an. Nachdem Chrysler-Chef Dieter Zetsche (52) zum Nachfolger berufen wird, wirft der zuvor als "Kronprinz" gehandelte Mercedes-Chef Eckehard Cordes hin. Zetsche übernimmt im September bis auf weiteres auch die Mercedes-Führung.
Daimler-Chrysler-Chef Schrempp tritt zum Jahresende ab: Kronprinz Eckhard Cordes verläßt den Konzern. Neuer Konzernchef wird Dieter Zetsche
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Übernahme: Springer-Chef Mathias Döpfner liebäugelt mit ProSiebenSat.1
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August
Der Sportartikelhersteller Adidas übernimmt am 3. August seinen Konkurrenten Reebok(Kurswerte anzeigen) und startet damit einen Angriff auf Branchenführer Nike. Der Kaufpreis für die weltweite Nummer drei der Branche liegt bei 3,1 Milliarden Euro.
In den Geldwäsche-Ermittlungen bei der Commerzbank im Zusammenhang mit Geschäften in Russland gerät am 13. August auch Bankchef Klaus-Peter Müller ins Visier der Fahnder. Ende September stellt die Finanzaufsicht die Ermittlungen gegen Müller ein.
September und Oktober
September
Nach dem verheerenden Hurrikan "Katrina" in den USA erreichen die Spritpreise an deutschen Tankstellen am 4. September einen Rekordwert. Super-Benzin kostet 1,46 Euro je Liter, Diesel 1,18 Euro. Fünf Tage zuvor stieg auch der Ölpreis auf ein Rekordhoch - 70,85 Dollar für ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte WTI.
Erstmals seit mehr als drei Jahren steigt der Dax am 7. Septemberüber die Marke von 5000 Punkten. Angetrieben von der US-Börse und dem Ölpreisrückgang erreichte der Leitindex 5004,23 Punkte. Die 5000-Punkte-Marke übersprang der Dax das letzte Mal am 28. Mai 2002.
Rekord-Benzinpreise: Hurrikan Katrina verteuert das Öl
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Alan Greenspan (li.) geht in den Ruhestand: George W. Bush ernennt Ben Bernanke (r.) zum Chef der US-Notenbank Fed
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September und Oktober 2005 Bitte klicken Sie auf ein Bild, um zur Großansicht zu gelangen.
Der Sportwagenhersteller Porsche übernimmt für rund drei Milliarden Euro am 25. September19 Prozent der Volkswagen-Aktien(Kurswerte anzeigen) und löst das Land Niedersachsen als größten VW- Aktionär ab. Die Doppelrolle von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, der auch einer der wichtigsten Porsche-Anteilseigner ist, sorgt für heftigen Streit in dem Kontrollgremium.
Am 24. Oktober wird der Nachfolger des mächtigsten Mannes der Finanzwelt bekannt gegeben. Der Präsidentenberater und ehemalige Wirtschaftsprofessor Ben Bernanke (51) soll den zur Legende gewordenen Alan Greenspan (79) Ende Januar 2006 nach 18 Jahren an der Spitze der US-Notenbank Federal Reserve beerben.
Das Fernsehen der Zukunft startet am 27. Oktober in Deutschland praktisch ohne Zuschauer. ProSieben und Sat.1 beginnen zwar die Ausstrahlung im neuen HDTV-Format - doch weil die Gerätehersteller noch keine entsprechenden Receiver liefern können, kann kaum jemand die gestochen scharfen Bilder empfangen. Der Abo-Sender Premiere verschiebt sogar den Start seines HDTV-Angebots.
Die Deutsche Telekom kündigt am 2. November die Streichung von 32.000 Arbeitsplätzen an. Der Abbau trifft in den nächsten drei Jahren vor allem die schrumpfende Festnetzsparte T-Com. Betriebsbedingte Kündigungen soll es dabei bis Ende 2008 nicht geben. Zugleich sollen 6000 neue Mitarbeiter eingestellt werden, unter anderem im Vertrieb.
Der Ex-Vorstandschef des Handelskonzerns Rewe, Ernst Dieter Berninghaus, wird am 15. November der Untreue in einem besonders schweren Fall angeklagt. Berninghaus soll verdeckt Anteile an einer Schweizer Internetfirma erworben und ungerechtfertigt Provisionen eingestrichen haben. Es droht eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren.
Mit dem Kauf des US-Unternehmens Bax Global für fast eine Milliarde Euro rückt die Deutsche Bahn am 16. November in die Weltspitze der Logistikkonzerne auf. Mit dem Kauf will die Bahn vor allem die Stellung ihrer Speditionstochter Schenker in Asien und den USA stärken.
Am 17. November stimmt der Infineon-Aufsichtsrat für eine Abspaltung der Speicherchipsparte bis Mitte 2006. Der Bereich soll anschließend an die Börse gebracht werden. Damit trennt sich Europas größter Chipkonzern von etwa 40 Prozent seines Umsatzes. Das Geschäft mit DRAM-Speicherchips gilt als risikoreich und sehr schwankungsanfällig.
Börsengang: Infineon trennt sich von seiner Speicherchipsparte
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Zinswende: Zum ersten Mal seit fünf Jahren erhöht die EZB die Zinsen
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Dezember
Die EZB hebt am 1. Dezember zum ersten Mal seit fünf Jahren den Leitzins wieder an. Gegen die Zinserhöhung auf 2,25 Prozent hatte es schon im Vorfeld massive Kritik aus den EU-Staaten gegeben, weil hohe Zinsen und teure Kredite dem zarten Wirtschaftsaufschwung schaden könnten.
Der Bundesgerichtshof hebt am 21. Dezember die Freisprüche im Mannesmann-Prozess auf. Die ehemaligen Mannesmann-Aufsichtsräte Josef Ackermann, Joachim Funk und Klaus Zwickel, sowie Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser müssen nun erneut vor Gericht. Ackermann, Chef der Deutschen Bank, will dennoch an seinem Amt festhalten. Die Wiederaufnahme vor dem Düsseldorfer Landgericht wird frühestens Mitte 2006 beginnen.