Noch vor dem Wochenende könnten in zwei Bundesländern die Weichen für eine Privatisierung von Sparkassen gestellt werden. Die zersplitterte deutsche Bankenlandschaft würde dann in Bewegung geraten.
Frankfurt am Main - Über die Zukunft der deutschen Sparkassen wird offenbar zurzeit an mehreren Orten hinter den Kulissen hart gerungen. Nachdem der Berliner Senat angekündigt hat, ab dem heutigen Donnerstag die Voraussetzungen für den Einstieg von privaten Investoren bei der Berliner Sparkasse schaffen zu wollen, ist das Thema auch in den Koalitionsverhandlungen in Schleswig-Holstein zum heißen Eisen geworden.
Sollten in Schleswig-Holstein und Berlin tatsächlich Beteiligungen erlaubt werden, würde die bislang streng in Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken getrennte deutsche Bankenlandschaft aufgebrochen werden. Privatbanken könnten Sparkassen kaufen und Profit aus der betriebswirtschaftlichen Optimierung des Geschäfts schlagen. Die Trennung gilt bisher als wesentliches Hindernis bei der Konsolidierung des zersplitterten Sektors.
Mehrheitsübernahme in Berlin möglich
CDU und SPD in Schleswig-Holstein haben sich nun nach Informationen von manager-magazin.de bisher schon darauf verständigt, dass private Investoren künftig bei den Sparkassen des Landes grundsätzlich eine stille Einlage leisten dürfen. Dabei vergeben sie ein Darlehen, dass verzinst wird. Offenbar versuchen die Vertreter des schleswig-holsteinischen Wahlsiegers CDU aber, die Sparkassen für die Beteiligung von Privatinvestoren zu öffnen, bei denen die Ausschüttungen abhängig vom Gewinn ist.
Zu einer Einigung, von der das "Handelsblatt" berichtet hatte, ist es zwar noch nicht gekommen. Die Parteien wollen sich aber noch bis zum Wochenende auf einen Koalitionsvertrag verständigen. Schon am Donnerstag will der Berliner Senat in erster Lesung eine entsprechende Änderung des landeseigenen Sparkassengesetzes beraten, die explizit auch eine Mehrheitsübernahme der Landesbank durch eine Privatbank nicht mehr ausschließt.
Die EU-Kommission hatte verfügt, dass Berlin seine Bankgesellschaft bis 2007 verkaufen müsse, zu der die Berliner Sparkasse gehört. Dafür genehmigte die Kommission milliardenschwere Beihilfen. Der Vorstoß in Berlin wird auch von der Opposition mitgetragen.
Rückzug aus Mittelstandsfinanzierung
Rückzug aus der Mittelstandsfinanzierung befürchtet
Privatbanken waren in der Vergangenheit immer wieder bei der Übernahme von Sparkassen gescheitert. Für Schlagzeilen sorgte zuletzt der Versuch, die Sparkasse Stralsund an Privatinvestoren zu verkaufen, den die rot-rote Landesregierung in Schwerin durch eine Verschärfung des Landesgesetzes blockierte und damit einen Präzedenzfall verhinderte.
Auch beim Verkauf der in Turbulenzen geratenen Frankfurter Sparkasse (Fraspa) hatten private Institute, unter anderem die Dresdner Bank, Interesse gemeldet. Die Fraspa steht nun vor einer Einigung mit der Landesbank Hessen-Thüringen, Helaba.
Der Sparkassen- und Giroverband kritisierte Privatisierungsvorhaben erneut. "Wo Sparkasse draufsteht, muss auch künftig Sparkasse drin sein", hieß es in Berlin. Der Verband befürchtet, dass die Privatbanken die besondere Rolle der Sparkassen bei der Mittelstandsfinanzierung, der Versorgung ländlicher Regionen und ärmerer Bevölkerungsschichten unter der Kontrolle von Privatinvestoren vernachlässigen könnten, weil diese Bereiche nicht lukrativ sind.