EU-Recht
Steuerersparnis in Milliardenhöhe für Konzerne
Der Europäische Gerichtshof eröffnet Unternehmen offenbar die Möglichkeit, Verluste von Töchtern im EU-Ausland mit Gewinnen in der Heimat zu verrechnen. Das Urteil wird für den Sommer erwartet, doch Konzerne rechnen seit heute mit Steuererleichterungen in Milliardenhöhe, die dem Staat neue Haushaltslöcher bescheren werden.
Straßburg - Eine Steuerregelung, die einer Muttergesellschaft die Verlustverrechnung grundsätzlich untersage, sei unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht, sagte Generalanwalt Poiares Maduro vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Maduro schlug jedoch vor, den Konzernabzug nur dann zu gewähren, wenn die Verluste der Töchter in ihrem jeweiligen Sitzland nicht einer günstigeren steuerlichen Behandlung unterliegen können.
Das Urteil des Gerichtshofs zu diesem Fall wird erst in einigen Monaten erwartet. Die Richter pflegen in der überwiegenden Zahl der Fälle der Stellungnahme des Generalanwalts zu folgen.
Experten beurteilen das Ergebnis positiv. "Eines der großen Steuerhindernisse ist damit aus der Welt. Unternehmen können sich nun in Europa freier bewegen", sagte Andreas Geiger, EU-Rechtsexperte bei der Unternehmensberatung Ernst & Young, gegenüber SPIEGEL ONLINE.
"Die Bundesregierung muss sich auf weniger Steuereinnahmen einstellen, Unternehmen werden die Möglichkeit ausnutzen", fügte Geiger hinzu. Bereits im Februar hatten die Steuer-Abteilungsleiter der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vor drohenden Steuerausfällen in Milliardenhöhe durch anstehende Entscheidungen des EuGH gewarnt und schnelle Gesetzesänderungen empfohlen. Der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser sprach seinerzeit von Ausfällen zwischen 30 bis 50 Milliarden Euro.
Das Verfahren geht auf eine Klage des Handelskonzerns Marks & Spencer zurück, der die Verluste seiner in EU-Staaten ansässigen Töchter über einen Zeitraum von vier Jahren geltend machen wollte. Die britischen Steuerbehörden lehnten dies ab, da es nach ihren Rechtsvorschriften nicht erlaubt ist, Verluste von Tochterunternehmen im EU-Ausland auf die Muttergesellschaft oder ein anderes Konzernmitglied im Inland zu übertragen. Diese Rechtslage gilt auch in Deutschland sowie in den meisten EU-Mitgliedstaaten.