Dresdner Bank
"Sollten wir uns als Oberrichter aufspielen?"
Die angeblich geheimdienstlichen Kontakte eines hochrangigen Managers zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin sorgen bei der Dresdner Bank für Unruhe. Im Gespräch mit manager-magazin.de erklärt der damalige Osteuropa-Vorstand und spätere Chef der Bank, Bernhard Walter, wie der umstrittene Banker zur Dresdner Bank kam und wie er von den Stasi-Verwicklungen seines Mitarbeiters erfahren hat.
Herr Walter, was haben Sie gedacht, als Sie heute Morgen das "Wall Street Journal" aufgeschlagen haben?
Walter: Ich war nicht überrascht, weil ich von den Recherchen wusste. An der jetzt veröffentlichten Geschichte ist einiges richtig, vieles grundfalsch.
mm.de: Haben Sie Anfang der 90er Jahre Herrn Warnig für die Dresdner Bank eingestellt?
Walter: Ja, ich habe ihn eingestellt. Ich hatte Herrn Warnig in Ostberlin als damaligen Referenten im Wirtschaftsministerium kennen gelernt. Nach diversen Gesprächen über die damalige DDR-Wirtschaft, hatte ich das Gefühl, dass Herr Warnig nicht abgeneigt schien, im Westen zu arbeiten. Da habe ich ihn gefragt, ob er nicht zu uns kommen will. Die dann folgenden Personalgespräche habe ich nicht geführt. Das hat unsere damalige Personalabteilung gemacht. Selbstverständlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt keinerlei Hinweise auf eine frühere Stasi-Tätigkeit von Herrn Warnig.
mm.de: Ist Herr Warnig denn damals von der Dresdner Bank auf Tätigkeiten für die DDR-Staatssicherheit überprüft worden?
Walter: Ich gehe davon aus, dass Herr Warnig im Rahmen dessen überprüft wurde, was Anfang der 90er Jahre bei westdeutschen Konzernen üblich war. Ergebnis: Es hat keine Hinweise auf Stasi-Kontakte gegeben.
mm.de: Angeblich hat das Bundeskriminalamt die Stasi-Vergangenheit Warnigs auch überprüft und die Generalstaatsanwaltschaft hat die Akte Warnig dann geschlossen. Wissen Sie von diesen Zusammenhängen?
Walter: Herr Warnig hat sich mir nach Jahren persönlich anvertraut und gesagt, dass es solche Untersuchungen gibt. Das war vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das damals entschieden hat, dass solche Dinge nicht weiterverfolgt werden. Erst nachdem diese Entscheidungen gefallen waren, war der Vorgang für mich erledigt. Sollten wir uns als Oberrichter aufspielen?
mm.de: Wussten Sie, von den engen Verbindungen, die Herr Warnig zum jetzigen Präsidenten Putin gehabt haben soll?
Walter: Herr Warnig wurde von mir beauftragt, unsere Aktivitäten 1991 in St. Petersburg vorzubereiten. Das war zunächst die Eröffnung eines Rep-Offices, und dann daraus entwickelt die Gründung einer operativ tätigen Bank. Er hat mich bei meinem ersten Besuch in St. Petersburg mit dem damaligen Oberbürgermeister Sobchak und mit seinem Stellvertreter Putin bekannt gemacht, der zuständig für das Anwerben ausländischer Investoren war. Wir waren hochwillkommen in St. Petersburg und mussten keineswegs persönliche Beziehungen ausnutzen, um eine Banklizenz zu bekommen.
"Wir haben damals eine Reise von Frau Putina finanziert"
mm.de: Hat die Dresdner Bank damals Westreisen der Familie Putin finanziert?
Walter: Wir haben damals eine Reise finanziert: Die von Frau Putina zu einem Klinikaufenthalt nach Deutschland, nachdem sie einen schweren Verkehrsunfall in St. Petersburg erlitten hatte. Dazu stehe ich, das war für mich eine absolute Selbstverständlichkeit, aus rein menschlicher Sicht. Dass dieses jetzt an die Öffentlichkeit gezerrt wird, finde ich unangemessen.
mm.de: Weiterhin hat es Ihres Wissens nach keine von der Dresdner Bank finanzierten privaten Reisen für die Familie Putin oder Herrn Putin gegeben?
Walter: Von der Dresdner Bank nein.
mm.de: Wie kommentieren Sie die journalistisch zugespitzte Formulierung: Der oberste Repräsentant der Dresdner Bank in Russland hat mit Wladimir Putin in einer Spionagezelle zusammengearbeitet.
Walter: Da sage ich ganz klar, dann hätten Sie Erkenntnisse, die ich nicht habe. Herr Warnig hat mir gegenüber klar erklärt, dass er Herrn Putin das erste Mal in seinem Leben 1991 kennen gelernt hat, als ich ihn nach St. Petersburg geschickt habe. Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln.
mm.de: Die Dresdner Bank hat sich in Russland gut positioniert.
Walter: Wir waren als erste europäische Bank bereit, vor Ort eigene Bankaktivitäten zu betreiben. Und man hat positiv vermerkt, dass wir die ersten waren, die bei diesem wahnsinnig schweren Umgestaltungsprozess mitgewirkt haben.
Walter: Die Kundenbeziehung zu Gazprom habe ich persönlich aufgebaut, da war Warnig weit weg von Moskau und hatte gar nichts damit zu tun. Erst Jahre später habe ich ihn bei Gazprom eingeführt.
mm.de: Welche Fakten sind Ihrer Meinung im Artikel des "Wall Street Journal" falsch?
Walter: Nach meiner Kenntnis ist falsch, dass die Dresdner Bank Privatreisen der Familie Putin finanziert hat, mit Ausnahme der, die ich Ihnen genannt habe. Es ist falsch, dass Herr Warnig schon vor 1991 Kontakt zu Herrn Putin hatte; es ist falsch, dass wir uns als Dresdner Bank Beziehungen in Russland eingekauft haben, wir waren dort hochwillkommen. Das vor allem aufgrund unserer Leistungen.