Unternehmen und Arbeitnehmer im Rhein-Main-Gebiet bereiten sich auf erhebliche Behinderungen durch den Besuch von US-Präsident George W. Bush am Mittwoch in Mainz vor. Wesentliche Verkehrsadern sollen zu seiner Sicherheit gesperrt werden. Ob er am Ende nicht den Hubschrauber dem Auto vorzieht, ist aber noch nicht klar.
Mainz - Der Autokonzern Opel in Rüsselsheim prüft derzeit, ob der Schichtbeginn verschoben werden muss, damit die Mitarbeiter trotz gesperrter Autobahnen rechtzeitig zur Arbeit erscheinen können. Möglich sei auch, dass die Mitarbeiter aus der direkten Umgebung mit weiter entfernt wohnenden Beschäftigten die Schichten tauschten, sagte ein Opel-Sprecher. In dem Opel-Werk arbeiten rund 20.000 Menschen, nicht alle von ihnen jedoch im Schichtdienst.
Die Lieferanten würden über die Verkehrsbehinderungen informiert und aufgefordert, früher loszufahren. Große Vorräte könne das Werk vor dem Bush-Besuch nicht aufbauen, weil nach dem Just-in-Time-Prinzip gearbeitet werde und es keine Lagerhallen gebe, die umfangreiche Ladungen etwa von Autoradios oder Autositzen aufnehmen könnten.
Auch der Konzern Linde rechnet mit erheblichen Beeinträchtigungen und empfiehlt den Mitarbeitern in seiner Wiesbadener Zentrale, Urlaub zu nehmen oder Gleitzeitregelungen auszunutzen. In Einzelfällen übernehme das Unternehmen die Kosten für Hotelübernachtungen, wenn Mitarbeiter beispielsweise wichtige Termine in Wiesbaden wahrnehmen müssten, sagte ein Sprecher des Industriegase- und Gabelstaplerspezialisten.
Nestlé verlegt gesamten Lastwagenverkehr
In Mainz hatte Werner & Mertz, die dort mit rund 450 Beschäftigten unter anderem Erdal-Schuhcreme und Frosch-Putzmittel herstellt, nach Angaben einer Sprecherin sogar erwogen, das Werk für den Tag des Bush-Besuchs ganz zu schließen.
Bei einer Befragung hätten sich die Mitarbeiter jedoch mehrheitlich fürs Arbeiten ausgesprochen - auch wenn es Beeinträchtigungen geben werde. "Die Produktion wird laufen. Wir hoffen nur, dass die Lkw auch vom Hof kommen werden", sagte die Sprecherin. Manche Mitarbeiter wollten sich dem Verkehrschaos jedoch entziehen und hätten sich frei genommen.
Das Mainzer Nescafé-Werk des Lebensmittel-Konzerns Nestlé sieht das größte Problem in der Aufrechterhaltung der Logistik während des knapp eintägigen Bush-Besuchs. Auf jeden Fall würde der gesamte Lastwagenverkehr auf die Zeit außerhalb der Bush-Visite verlegt, sagt Werksleiter Stefan Klaus. Mit Produktionsausfällen rechne er nicht. Einige Mitarbeiter von der anderen Rhein-Seite in Hessen hätten sich jedoch frei genommen.
Zwangsstopp für die Binnenschifffahrt
Zwangsstopp für die Binnenschifffahrt
Wegen zahlreicher Autobahnsperrungen wird während des Bush-Besuchs im Rhein-Main-Gebiet ein Verkehrschaos erwartet. Auch im Schienenverkehr soll es zu Beeinträchtigungen kommen. Bush wird am Mittwoch gegen 9.45 Uhr auf dem Frankfurter Flughafen erwartet. Er wird dann zunächst nach Mainz weiterreisen und später voraussichtlich den US-Stützpunkt Wiesbaden-Erbenheim besuchen. Während des Arbeitsbesuches gilt Sicherheitsstufe 1.
Der ADAC rät Autofahrern im Rhein-Main-Gebiet deshalb, an diesem Tag generell auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Der Fernverkehr solle die Rhein-Main-Region auf überregionalen Autobahnen weiträumig umfahren. Nach Angaben des Verbandes sind vier Autobahnen an dem Tag zwischen 7.00 und 11.00 Uhr sowie zwischen 15.00 und 19.00 Uhr in beiden Richtungen gesperrt. Betroffen seien die A 66 zwischen dem Wiesbadener Kreuz und dem Schiersteiner Kreuz, die A 3 zwischen der Anschluss-Stelle Frankfurt-Flughafen und dem Wiesbadener Kreuz, die A 67 zwischen dem Rüsselsheimer Dreieck und Mönchshofdreieck und die A 60 zwischen dem Autobahnkreuz Mainz und der Anschlussstelle Mainz-Süd.
Die Bahn befürchtet auf ihren Strecken im Rhein-Main-Gebiet längere Verspätungen und Sperrungen. Einzelne Züge könnten in beiden Richtungen auf den Strecken Koblenz-Frankfurt, Wiesbaden/Mainz-Frankfurt und Aschaffenburg-Wiesbaden entfallen. Die Main-Schifffahrt wird ebenfalls zwischenzeitlich eingestellt.
Briefkästen abschrauben, Garagen leerräumen
Wegen möglicher Demonstrationen könnten auch Straßen und Stadtteile in Wiesbaden und Mainz nicht zugänglich sein. So hat inzwischen ein Aktionsbündnis aus Gewerkschaften, Umwelt- und Friedensgruppen lautstarke Proteste gegen den Besuch von US-Präsident George Bush in der kommenden Woche in Mainz angekündigt.
Das Bündnis namens "Not Welcome, Mr. Bush" rief Demonstranten am Freitag in Mainz dazu auf, auf der Straße laut auf Töpfen und Pfannen zu trommeln und regenbogenfarbene Friedensfahnen und Bettlaken aus dem Fenster zu hängen.
Kritik gab es auch daran, das Bürger entlang der möglichen Fahrtroute des Präsidenten aus Sicherheitsgründen ihre Garagen leer räumen und zu große
Briefkästen abmontieren müssten.
Bisher ist noch nicht klar, ob der ganze Aufwand überhaupt nötig ist. Sicherheitskreise haben sich noch nicht festgelegt, ob der Präsident überhaupt das Auto benutzen oder nur mit dem Hubschrauber fliegen wird.