Personell hätte es besser laufen können für Deutschlands zweitgrößten Lebensmittelhändler: Gegen den erst kürzlich eingesetzten Vorstandschef hat Rewe eine Schadenersatzklage eingereicht. Jetzt steht ein Trio an der Spitze, das den 440-Millionen-Vorsteuergewinn aus 2004 unter anderem in 600 neue Filialen investieren will.
Düsseldorf/Köln - Die Lebensmittelpreise in Deutschland bleiben zum
Vorteil der Verbraucher unter Druck. Deutschlands zweitgrößter
Lebensmittelhändler Rewe schließt neue Preisattacken der Discounter
im laufenden Jahr nicht aus.
"Wenn Preise nach unten hin angepackt
werden, werden wir reagieren", sagte das Rewe-Vorstandsmitglied Hans
Schmitz am Mittwoch bei der Bilanzvorlage des Handelskonzerns in
Köln. Die Rewe-Gruppe wolle aber den Preiskampf nicht von sich aus
verschärfen und verstärkt die Themen Qualität und Genuss in den
Vordergrund stellen. "Geiz ist ein Verlust an Lust und Genuss."
Der Handelskonzern, der etwa 11.600 Märkte in Europa betreibt, strebt für 2005 eine Doppelstrategie an: Im
harten Wettbewerb mit Aldi, Lidl und Plus gehe die Rewe-
Discounttochter Penny jetzt in die Offensive. In Deutschland würden
80 und im europäischen Ausland 120 neue Penny-Filialen eröffnet.
Eine Milliarde Investition, 350 neue deutsche Märkte
Zugleich treibt Rewe den Umbau der Supermarktsparte voran, die
mit hohen Investitionen wieder zu einer "Lokomotive" in der Kölner
Genossenschaftsgruppe werden soll.
Rund 500 Filialen der Marken HL,
Otto Mess und Stüssgen werden auf das erfolgreiche Minimal-Konzept
umgestellt. Die Rewe-Gruppe, die derzeit 196.000 Beschäftige zählt, wolle mittelfristig zum führenden Supermarkt-
Betreiber in Deutschland werden und damit Edeka überholen.
Geplant ist die Eröffnung von fast 600 neuen Filialen in diesem
Jahr, allein im deutschen Heimatmarkt sollen es 350 sein. Die
Investitionen belaufen sich wie im Vorjahr auf rund eine Milliarde
Euro.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr stiegen die Gesamterlöse dank der
Auslandsexpansion deutlich um 4,1 Prozent auf 40,8 Milliarden Euro.
Im Ausland wurde der Umsatz um 13 Prozent und im Inland um 1,1
Prozent gesteigert. Rewe nimmt 28 Prozent der Erlöse im Ausland ein.
Mit etwa 440 Millionen Euro sei das Ergebnis vor Steuern und Zinsen
(Ebit) im vergangenen Jahr voraussichtlich auf dem Niveau des
Vorjahres geblieben, hieß es.
Kerosinpreis blockierte LTU-Verkauf
Hoher Kerosinpreis verhinderte LTU-Verkauf
Bei der langwierigen Investorensuche
für den Ferienflieger LTU führt Großanteilseigner Rewe Gespräche
mit drei Interessenten. Wenn die Preise für Flugzeugbenzin 2004 nicht
so eklatant gestiegen wären, hätte es möglicherweise schon eine erste
Vertragsunterschrift gegeben, sagte Rewe-Vorstand Gerd Bruse. LTU habe 2004 mit einer Maschinenauslastung von 88
Prozent einen Rekordwert erzielt. Die Kerosinpreise verhinderten
jedoch die Rückkehr in die Gewinnzone. Die LTU wolle nun 2005, im
Jahr ihres 50. Firmengeburtstages, in die schwarzen Zahlen fliegen.
Rewe hält 40 Prozent an der LTU-Airline, die im
Sog der Swissair-Krise in starke Turbulenzen kam. Der frühere Anteil
der Schweizer Fluggesellschaft in Höhe von 49,9 Prozent an LTU wird
seit längerem von einem Treuhänder verwaltet. Bruse unterstrich, dass
die Rewe ihren LTU-Anteil nicht auf eine Mehrheit aufstocken werde.
Klage über 26 Millionen gegen Berninghaus
Auch in der Führungsfrage des Konzerns soll es kurzfristig keine Änderung geben. Nach dem plötzlichen Ausscheiden des Vorstandssprechers Ernst Dieter
Berninghaus will die Rewe-Führung als "Troika" weiterarbeiten. "Wir
wollen als Dreiergremium besser sein, als es möglicherweise ein
Einzelner ist", sagte Vorstand Hans Schmitz. Die Entscheidung liege aber beim
Aufsichtsrat. In Branchenkreisen wird darüber spekuliert, dass die
Frage der Führungsspitze noch nicht abschließend entschieden sei.
Gleichzeitig bestätigte der Vorstand, dass der im Herbst 2004
überraschend ausgeschiedene Berninghaus auf Schadenersatz in Höhe von
26 Millionen Euro verklagt wurde. manager magazin hatte bereits im Januar exklusiv darüber berichtet, dass der
39-Jährige vom überteuerten Kauf der Internetfirma Nexum im Jahr 2000
profitiert haben soll. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft haben nun offenbar weitere Details zu Tage gefördert.
Die "Wirtschaftswoche" meldet vorab, dass Berninghaus vor dem umstrittenen Kauf des Internetunternehmens Aufsichtsratschef von Nexum gewesen sei. Das Mandat habe er aber zum 30. Juli 1999 "aus persönlichen und beruflichen Gründen" niedergelegt. Rund 26 Millionen Euro zahlte Rewe über einen Treuhänder an den Eigentümer von Nexus, eine Schweizer Firma namens Parabola AG. Diese soll sich erst knapp zwei Monate vorher durch die Einzahlung von 255.000 Euro an Nexum mehrheitlich beteiligt haben. Etwa um den Faktor 100 teurer verkaufte sie dann die Nexum an Rewe.
Dabei hatte Nexum im operativen Geschäft 1998 lediglich einen Umsatz von umgerechnet rund 800.000 Euro und einen Jahresüberschuss von rund 15.000 Euro erwirtschaftet. Neben Berninghaus ermittelt die Kölner Staatsanwalt laut Vorabmeldung in der Sache auch gegen den Kölner Unternehmer Jürgen Boden, Mitgründer von Nexum, und den Schweizer Anwalt Aurelio A. Ferrari.