Ausländische Unternehmen geben dem Standort Deutschland einer DIHK-Umfrage zufolge passable Noten. Die Verwaltung bekommt überraschendes Lob, doch schon bei der oft als Standortvorteil angeführten Rechtssicherheit gibt es Kritik.
Berlin - Der Wirtschaftsstandort Deutschland hat nach einer DIHK-Umfrage bei ausländischen Firmen ein insgesamt noch passables Image. Überwiegend negativ werden aber die Steuerbelastung der Firmen, die hohen Lohnzusatzkosten, die Kündigungsschutzregeln sowie das System der Finanzierung bei den sozialen Sicherungssystemen beurteilt.
"In Teilbereichen ist es durchaus berechtigt, das deutsche Recht nach wie vor als Standortvorteil zu werten", hieß es in einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter Mitgliedsfirmen der Außenhandelskammern (AHK), die Reuters am Mittwoch vorlag. "Die Rechtssicherheit in Deutschland ist ein großer Pluspunkt". Sie werde von den ausländischen Firmen überwiegend als wichtiger Standortvorteil gesehen.
Dagegen werde das deutsche Arbeitsrecht von nur 27 Prozent der befragten Firmen im Ausland als akzeptabel bewertet. Auch bei der Steuerbelastung gab die Mehrzahl der Auslandsfirmen Deutschland schlechte Noten. Weit positiver wurde Fragen nach der Transparenz von Entscheidungs- und Genehmigungsabläufen sowie der Erreichbarkeit benötigter Informationen beantwortet.
Steuern senken noch in dieser Legislaturperiode
Der DIHK hatte über die Auslandshandelskammern im zweiten Halbjahr 2004 86 Firmen im Ausland zum Image Deutschlands befragt, darunter 50 aus Europa und 36 aus dem außereuropäischen Ausland. Die Spitzenorganisation der Industrie- und Handelskammern will am Donnerstag in Berlin bei einer Veranstaltung mit Justizministerin Brigitte Zypries über das das Thema "Standortvorteil Recht" diskutieren.
Als Schlussfolgerung forderte der DIHK, die Steuerbelastung der Unternehmen noch in der laufenden Legislaturperiode über eine Reform der Unternehmensbesteuerung in Deutschland auf "ein international wettbewerbsfähiges Maß" zu senken. Bei der bislang paritätischen Finanzierung der Sozialversicherungen müsse die Kopplung an das Arbeitsverhältnis aufgegeben werden.
Auch eine Gesundheitsprämie wäre "ein wichtiges Signal für internationale Investoren", so der DIHK. Im Arbeitsrecht bedürfe es einer stärkeren Flexibilisierung beim Kündigungsschutz. Zudem müssten Genehmigungsverfahren vereinfacht und klarer gestaltet werden. Gleiches gelte für das Wirtschaftsrecht insgesamt.
Gute Noten für die Verwaltung
Gute Noten für die schnelle Verwaltung
Die deutschen Kündigungsschutzregeln halten der Umfrage zufolge mehr als die Hälfte - 53 Prozent - der befragten Auslandsfirmen wegen zu geringer Flexibilität für nicht akzeptabel. Immerhin 40 Prozent der europäischen Firmen (weltweit 34 Prozent) hätten sich damit allerdings arrangiert. Auch die Arbeitszeitregeln sähen 46 Prozent der Firmen als zu rigide an. Die detaillierten Vorschriften des Arbeitsschutzes werden dagegen von 57 Prozent der weltweit befragten Unternehmen als akzeptabel bezeichnet.
Als weitere Schwachpunkte sehen die Auslandsfirmen die deutschen Steuervorschriften und das paritätische System der Sozialversicherungsfinanzierung. 56 Prozent der europäischen Firmen hielten die Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland für unakzeptabel. Die Transparenz und Verständlichkeit der steuerrechtlichen Vorschriften sähen 59 Prozent der europäischen und 57 Prozent aller Auslandsfirmen als weitere kritische Größe. Die hälftige Finanzierung der sozialen Sicherung durch die Unternehmen, deren Kopplung an die Arbeitseinkommen und den damit gegebenen Beitragsautomatismus bewerten ebenfalls fast 50 Prozent der Auslandsfirmen negativ.
Als überwiegend positiv in Deutschland werden die Bedingungen für Unternehmensgründungen bewertet, etwa der Zeitrahmen für die Gründungsformalitäten. Relativ gute Noten erhalten auch die Verwaltungsabläufe. Der größte Pluspunkt ist der Umfrage zufolge aber die Rechtssicherheit am Investitionsstandort Deutschland. Getrübt werde dieses Bild jedoch durch die Häufigkeit von Gesetzesänderungen.