Eigentlich hatte ein WTO-Verfahren im Subventionsstreit zwischen Airbus und Boeing in letzter Sekunde verhindert werden sollen. Doch vor Ablauf der entscheidenden Frist wurde jetzt bekannt, dass Airbus ausgerechnet das Gegenstück zu Boeings Hoffnungsträger 7E7 mit den umstrittenen Staatshilfen entwickeln will.
Frankfurt - Noch am Freitagmorgen hatte das "Handelsblatt" gemeldet, Im Dauerstreit um milliardenschwere Subventionen im Flugzeugbau strebten Boeing und der europäische Wettbewerber Airbus wieder bilaterale Verhandlungen an. "Wenn die Europäische Union ernsthaft zu Verhandlungen bereit ist, sehe ich gute Chancen, von einem WTO-Verfahren abzusehen", zitierte das Blatt den Vorsitzenden von Boeing Deutschland, Horst Teltschik.
Boeing wollte damit offenbar vor Ablauf einer entscheidenden Frist am kommenden Montag (6. Dezember) noch einmal ein Signal der Verhandlungsbereitschaft setzen, ohne allerdings von seiner zentralen Forderung abzuweichen: Airbus dürfe für die Entwicklung des neuen Langstreckenflugzeugs A350 keine staatliche Entwicklungskredite in Anspruch nehmen. "Boeing ist nach wie vor der Ansicht, dass solche Subventionen verboten sind", sagte eine Sprecherin gegenüber manager-magazin.de.
Doch genau das soll offenbar nun passieren. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" haben Deutschland und andere EU-Staaten erhebliche Haushaltsmittel für Darlehen an das Airbus-Konsortium bereitgestellt. Airbus plane, rund ein Drittel der deutschen Entwicklungskosten über zinsgünstige staatliche Darlehen zu finanzieren. Der Konzern selbst will sich zwar erst am 10. Dezember endgültig dazu äußern, ob die Gelder in Anspruch genommen werden sollen. Unter Beobachtern gibt es daran aber keinen Zweifel. Ein Sprecher bezeichnete sie gegenüber manager-magazin.de im Vorfeld als rechtmäßig und gerechtfertigt.
Streit bindet erhebliche Managementkapazitäten
Damit zementieren die Kontrahenten ihre gegensätzlichen Positionen direkt vor den Verhandlungen zwischen dem US-Handelsbeauftragten Robert Zoellick und EU-Handelskommissar Peter Mandelson am kommenden Montag. Bei deren Zusammentreffen in Paris sollten Kompromissmöglichkeiten ausgelotet werden, die eine Fristverlängerung für weitere bilaterale Verhandlungen zur Abwendung eines Verfahrens der Welthandelsorganisation (WTO) rechtfertigen könnten.
Gelingt den Parteien bis Montag keine Annäherung, so haben beide Unternehmen das Recht, ein WTO-Gremium mit der Prüfung des Falls zu beauftragen. Der Ausgang eines solchen Verfahrens gilt als offen, die Verhandlungen würden auf beiden Seiten erhebliche Managementkapazitäten binden.
Entstanden war der mit ungewöhnlich scharfen Worten ausgefochtene Streit zwischen Boeing und Airbus, nachdem Boeing im Oktober 2004 einen 1992 abgeschlossenen Vertrag einseitig gekündigt hatte, der die Gewährung von Staatshilfen bei großen Flugzeugprogrammen regelt. Der amerikanische Boeing-Konzern steht erheblich unter Druck, nachdem Airbus nicht zuletzt mit den zahlreichen Vorbestellungen für den A380 Boeing bei fast allen zivilen Flugzeugtypen überrundet hat.
Das Boeing-Projekt 7E7 sollte mit einem vergleichsweise kleinen aber besonders sparsamen Flugzeug eine neue Flugzeugklasse für den Punkt-zu-Punkt-Verkehr über lange Strecken etablieren. Der schnelle Konter von Airbus kommt Boeing dabei ungelegen, zumal die Europäer ein vergleichbares Flugzeug auf der Basis bestehender Baureihen deutlich kostengünstiger entwickeln können als Boeing.