Nach dem Verkauf des führenden deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall an institutionelle Anleger wirbt der Vorstand offen um Fusionspartner. Das Problem dabei: Die, die dürfen, wollen nicht und die, die wollen, dürfen vermutlich nicht.
Mannheim - Die Unternehmerfamilie Röchling hat ihre Aktienmehrheit an dem führenden deutschen Rüstungsunternehmen Rheinmetall verkauft. Wie Röchling am Montag in Mannheim mitteilte, platzierte die Familie ihre mehr als 13,2 Millionen Stammaktien und knapp 1,9 Millionen Vorzugsaktien an eine breite Investorenbasis, die aus mehr als 75 institutionellen Investoren besteht.
Nach Angaben aus Finanzkreisen wurden dabei 37 Euro je Aktie erzielt. Der Preis habe für Stämme und Vorzüge gegolten, und das Buch sei überzeichnet gewesen, hieß es am Montagmorgen weiter. Die Aktien seien voll platziert worden. Röchling wollte die Angaben nicht kommentieren.
Röchling hatte in der vergangenen Woche seinen Ausstieg bei dem Rüstungs- und Automobilzulieferkonzern angekündigt, der unter anderem am Bau des Kampfpanzers Leopard 2 und der Entwicklung des neuen Schützenpanzers Puma beteiligt ist. Das Unternehmen hielt bislang 73,7 Prozent der mit Stimmrecht versehenen Stammaktien und 10,48 Prozent der stimmrechtslosen Vorzugsaktien.
Vorerst vergebliches werben um Partner
Der Rheinmetall-Vorstand äußerte sich am Montag erfreut über die breite Platzierung der bislang von Röchling gehaltenen Anteile. Am Wochenende hatte sich Rheinmetall-Chef Klaus Eberhardt gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) grundsätzlich offen für Fusionen oder Zusammenschlüsse mit einem anderen Waffenhersteller gezeigt. "Wir verschließen uns einer Konsolidierung in der Heerestechnik nicht. Im Gegenteil, wir sagen klar: Nur mit einer starken nationalen Position sind wir im europäischen Umfeld gut gerüstet."
Die renditeschwache Rüstungs-Sparte steuerte im ersten Halbjahr
rund ein Drittel zum Konzernumsatz von 1,62 Milliarden Euro bei.
Hauptumsatzträger von Rheinmetall war in den ersten sechs Monaten das
Autozuliefer-Segment. Dieser Bereich erwirtschaftete außerdem knapp
85 Prozent des gesamten Gewinns vor Zinsen und Steuern (EBIT).
Die Neuausrichtung der Rüstungssparte war als einer der Gründe hinter dem Anteilsverkauf vermutet worden. Die Bemühungen Rheinmetalls um eine Fusion im Bereich Heerestechnik stoßen jedoch bei den zwei wichtigsten deutschen
Konkurrenten auf wenig Gegenliebe. Ein Krauss-Maffai-Sprecher sagte: "Für uns gibt es keinen konkreten Aktionsbedarf." Bei Diehl, dem dritten großen deutschen Heerestechnikspezialisten, wird dem FAS-Bericht zufolge Wert auf Eigenständigkeit gelegt.
Rheinmetall-Chef Klaus Eberhardt trat im Interview Spekulationen entgegengetreten, nun drohe eine Übernahme durch einen US-Konkurrenten. Das entbehre jeder Grundlage, sagte Eberhardt der "Welt am Sonntag". An der grundsätzlichen Ausrichtung des Rüstungs- und Autozulieferunternehmens werde sich nichts ändern. Auch eine Aufspaltung in die beiden Unternehmensbereiche schloss er aus.
Gesetz gegen amerikanische Interessenten
Vor allem amerikanischen und angelsächsischen Finanzinvestoren
wird ein Interesse an dem Konzern nachgesagt. Allerdings könnte der
Einstieg eines ausländischen Investors zu einem Politikum werden.
Denn der Erwerb von mehr als 25 Prozent des Rüstungsunternehmens
durch ausländische Unternehmen kann nach der jüngsten Novelle des
Außenwirtschaftsgesetzes von der Bundesregierung untersagt werden,
wenn dadurch "wesentliche Sicherheitsinteressen" der Bundesrepublik
gefährdet würden.
Die Rheinmetall-Aktien haben im vorbörslichen Handel nach dem Verkauf
des Anteils der Familie Röchling nachgegeben. Bei Lang & Schwarz
wurden die Papiere um 8.23 Uhr in einer Spanne von 37,01 bis 37,65
Euro mit leichten Verlusten gehandelt.