Die EU will Strafzölle gegen US-Unternehmen aufheben und damit einen jahrzehntealten Handelsstreit entschärfen. Zuvor hatten die USA illegale Exportsubventionen für US-Unternehmen gestrichen. Schlupflöcher für Boeing, Microsoft oder Motorola könnten aber schon bald wieder für Krach sorgen.
Brüssel - Der scheidende Handelskommissar Pascal Lamy kündigte am Montag in
Brüssel an, er werde den EU-Staaten die Aufhebung der wegen staatlicher Exportsubventionen erhobenen Strafzölle
gegen US-Unternehmen vorschlagen. Lamy reagierte damit auf die Zustimmung von
US-Präsidenten George Bush zum Vorhaben, die Exportvergünstigungen
für US-Unternehmen abzuschaffen.
Die von der Welthandelsorganisation WTO als illegal eingestuften
Exportsubventionen in Form so genannter "Foreign Sales Corporations
(FSC)" waren vor zwei Wochen vom US-Kongress abgeschafft worden. Bush
hatte dies vergangenen Freitag mit seiner Unterschrift besiegelt.
Lamy sprach in Brüssel von einer "sehr guten Nachricht für den
Multilateralismus, für Rechtssicherheit und für die WTO". Die EU habe
20 Jahre gewartet, bis sich die USA zu diesem Schritt durchgerungen
hätten.
Wegen der umstrittenen US-Exporthilfen für große Konzerne wie
Microsoft oder Boeing erhebt die EU seit dem 1. März Strafzölle, die
im laufenden Jahr insgesamt 255 Millionen Dollar
erreichen könnten.
Dank der Exporthilfen, mit denen US-Firmen Auslandsgeschäfte
steuergünstig abwickeln konnten, sparten 1.800 Unternehmen bislang
vier Milliarden Euro im Jahr ein. Der Konflikt um die so genannten
Foreign Sales Corporations hat nichts zu tun mit dem unlängst
eskalierten Streit zwischen den USA und der EU um Subventionen für
die Flugzeugbauer Boeing und Airbus. Deswegen hatten sich Washington
und Brüssel gegenseitig bei der WTO verklagt.
Ausnahmen sorgen weiter für Ärger
Da einige Probleme mit dem US-Gesetz aber offen blieben, wolle
Brüssel dies bei der WTO noch überprüfen lassen, fügte Lamy hinzu.
Die Kommission stört zum einen, dass die neue Regelung zur
Körperschaftsteuer erst ab 2007 gelten soll. Bis dahin könnten
US-Exporteure weiter von FSC-Vergünstigungen profitieren. Zum anderen
sieht Lamy die US-Klauseln kritisch, die Steuererleichterungen
betreffen, die auch nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes beibehalten
werden sollen.
Die FSC-Regelung ermöglicht es US-Unternehmen seit 1984, durch
Abwicklung ihrer Exporte über in Steueroasen angesiedelte
Tochterunternehmen die Abgaben zu sparen. Die EU hatte vor der WTO
geltend gemacht, dass US-Unternehmen auf diesem Weg jährlich illegal
mit vier Milliarden US-Dollar (aktuell 3,13 Milliarden Euro)
subventioniert würden.
Allerdings wird der jahrzehntealte transatlantische Handelsstreit
damit nicht beendet sein. In dem neuen US-Gesetz wird es großen
Exporteuren wie Boeing Corp., Microsoft Corp. und Motorola Inc.
ermöglicht, auch über die mit der EU vereinbarte Übergangsfrist von
zwei Jahren hinaus von Steuererleichterungen zu profitieren.
EU-Handelskommissar Pascal Lamy kündigte an, er werde die WTO prüfen
lassen, ob das neue Gesetz aus Washington mit den Welthandelsregeln
vereinbar sei. "Es gibt da gewisse Bestimmungen, an denen wir
Zweifel haben", sagte er. "Es besteht die Möglichkeit neuer
Sanktion. Wir warten ab, was die WTO sagt." Die EU-Sanktionen sollen
zum 1. Januar aufgehoben werden.