Im weltweiten Antikorruptionsindex hat Deutschland Plätze gutgemacht und liegt jetzt im westeuropäischen Mittelfeld. Doch der Aufstieg geht nur auf das Verblassen von CDU-Spendenaffäre und Kölner Müllklüngel zurück. Vor allem in der Bau- und Pharmabranche wird nach wie vor bestochen.
Berlin - Mit Platz 15 im Antikorruptions-Index hat Deutschland seine Position im Vergleich zum Vorjahr verbessert. Die von der Organisation "Transparency
International" (TI) erstellte Liste soll zeigen, wie nah Staaten
dem Ziel der Korruptionsfreiheit kommen.
Der am Mittwoch veröffentlichten Index dokumentiert, das Deutschland seit dem Jahr 2001 von
Platz 20 kontinuierlich nach oben gerückt. "Eine gute Nachricht für den Standort Deutschland, da Studien
belegen, dass Korruption Investitionen aus dem Ausland abschreckt",
sagte Hansjörg Elshorst, der Vorsitzende der deutschen TI-Sektion. Deutschland erreicht 8,2 von zehn Punkten, nach 7,7 im Vorjahr.
Polen stark belastet
Der Index wird
angeführt von Finnland, Neuseeland und Dänemark mit 9,7 bis 9,5 Punkten, die als am
wenigsten von Korruption belastet wahrgenommen werden. Am
Schluss der Liste finden sich Bangladesch, Haiti und Nigeria. Die USA liegen auf Platz 17, Russland auf Platz 90.
Sorgen macht den Korruptionsforschern zurzeit Polen. Als am stärksten belastetes EU-Mitglied liegt das Land ohnehin auf Platz 67; vor allem aber hat das Land seine Stellung seit der ersten Erhebung des Index 1995 erheblich verschlechtert.
Die Verbesserung der deutschen Position
fördert nach Ansicht des TI-Vorsitzenden Elshorst Investitionsentscheidungen. Das Ausmaß der wirtschaftlichen
Schäden durch Korruption in Deutschland lasse sich nicht
beziffern, zumal nur ein sehr geringer Teil der vermuteten Fälle
aufgedeckt würden.
Allerdings sei die positivere Wahrnehmung vor allem darauf zurückzuführen, dass Skandale wie die CDU-Spendenaffäre und der Kölner
Müllskandal zuletzt ausgeblieben seien.
Deutsche Skandale geraten meist nicht ins Rampenlicht
Die deutsche TI-Vize-Vorsitzende Anke Martiny verwies darauf, dass die
"Innenansicht ein weniger freundliches Bild" als der TI-Index abgebe.
Wöchentlich kämen neue Korruptionsskandale hoch, wobei der Bausektor,
der Vertrieb von Pharmazeutika und medizinischer Hilfsmittel die
"Renner" seien. Jedoch beziehen sich die Fälle meist auf "lokale
Zentren oder kleinere Personengruppen und erreichen das ganz große
Rampenlicht» nicht, sagte Martiny.
Bestechung kostet jährlich 400 Milliarden Dollar
Vor diesem Hintergrund kritisierte Elshorst, dass es zu wenig
Personal in den Ermittlungsbehörden gebe und dadurch die
Strafverfolgung hapere. Zudem verlaufe das Vorgehen der 16
Bundesländer gegen Korruption nach wie unkoordiniert, so dass viele
Straftäter immer noch davon ausgehen könnten, nicht erwischt zu
werden.
Die international verbreitete Korruption stellt nach den
Worten des TI-Vorsitzenden Peter Eigen ein beängstigendes
Hindernis bei der Entwicklung ärmerer Staaten dar. Um gegen
Armut erfolgreich vorgehen zu können, sei ein größeres
Engagement gegen die Korruption bei öffentlichen Aufträgen
nötig, die vor allem in Entwicklungsländern die Bereiche
Bildung, Gesundheit und Armutsbekämpfung beträfe, sagte Eigen. Durch
Bestechung bei öffentlicher Auftragsvergabe gingen jährlich
schätzungsweise rund 400 Milliarden US-Dollar verloren.
Eigen verwies darauf, dass Korruption weiter in vielen Staaten verbreitet sei. Im TI-Index erreichen 106
von 145 weniger als fünf der zehn möglichen Punkte. Sechzig
und damit knapp die Hälfte der untersuchten Länder liegen sogar unter drei Punkten, was auf
tiefverwurzelte Korruption deute. Vor allem die
erdölreichen Staaten Angola, Aserbaidschan, Tschad, Ecuador,
Indonesien, Iran, Irak, Kasachstan, Libyen, Nigeria, Russland,
Sudan, Venezuela und Jemen hätten sehr niedrige Werte.
Der jährliche Index wird erstellt auf der Basis von 18
Umfragen und Analysen unter Experten, die die Staaten
beobachten, unter anderem auf Investitionsentscheidungen hin.
Sie werden gefragt, für wie stark oder gering belastet sie diese
Staaten halten. Aus der Gewichtung wird die Rangliste der
Staaten erstellt.