Nach dem Ende des wilden Streiks in Bochum hat sich die Unternehmensleitung bei den Mitarbeitern für die Entscheidung zur Weiterarbeit bedankt. Unterdessen sickern weitere Details zum Sparpaket durch: Die Modelle Astra und Corsa sind betroffen.
Bochum - "Wir möchten allen für die
heute erreichte Entscheidung danken und sehen der weiteren Arbeit mit den Betriebsräten und der Bochumer Belegschaft nun mit Zuversicht entgegen", hieß es in einer Mitteilung in Rüsselsheim. Das Management in Bochum und die Betriebsräte verdienten Anerkennung für ihren
Umgang mit der Situation.
Seit 15 Uhr wird im Bochumer Opel-Werk wieder gearbeitet. Insgesamt 6400 Beschäftigte hätten in einer Abstimmung für die Wiederaufnahme der Arbeit gestimmt und rund 1700 dagegen. Im Bochumer Opelwerk arbeiten gut 9600 Menschen.
Auch die Blockaden der Werkstore wurden am Mittwochnachmittag aufgehoben. Opel bezifferte den Produktionsausfall während der sieben
Tage andauernden Arbeitsniederlegung auf 6500 Autos.
"Wir können wieder Druck machen"
"Wir sollten den Bogen nicht überspannen. Wir haben Druck gemacht und können ihn wieder machen. Jetzt soll erstmal verhandelt werden", sagt Opel-Mitarbeiter Friedbert Seidel am Mittwoch. Betriebsratsvorsitzender Dietmar Hahn fühlt sich durch das Abstimmungsergebnis in seinem Mandat gestärkt. "Mit klarer Rückendeckung" gehe man am Donnerstag nun in weitere Verhandlungen
mit dem Opel-Vorstand. "Wir werden alles dafür tun, dass der Horrorkatalog minimiert wird und wir niemanden in die
Arbeitslosigkeit entlassen müssen."
Die IG Metall besteht weiter auf dem Verzicht auf
betriebsbedingte Kündigungen bei der Opel-Sanierung. Der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen sei eine notwendige Bedingung für ein Sparpaket", sagte IG-Metall-Vizechef Berthold Huber dem "Tagesspiegel". Eine mögliche Antwort auf die "massive Unterauslastung", mit der Opel zu kämpfen habe, könnten kürzere Arbeitszeiten sein.
Astra-Entwicklung bald in Detroit?
Sparpläne konkretisiert: Astra-Entwicklung bald in Detroit?
Die Opel-Unternehmensleitung hat unterdessen ihre Sparpläne
für den Stammsitz Rüsselsheim nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" konkretisiert. So sollen in der Entwicklungsabteilung rund 1600 der 6000 Arbeitsplätze gestrichen werden, berichtet das Blatt
(Donnerstagausgabe) unter Berufung auf Unternehmenskreise. Zudem solle die Nachtschicht komplett eingespart werden, wodurch weitere 1600 Jobs gestrichen würden.
Bislang wurden bei Opel in Rüsselsheim die Modellreihen Corsa, Astra und Vectra entworfen. In Zukunft sei Rüsselsheim nur noch für die Plattformen aller Mittelklasse-Autos des GM-Konzerns zuständig.
Die Astra-Klasse solle künftig in Detroit und die Corsa-Basis bei der koreanischen Konzerntochter Daewoo entwickelt werden, heißt es in dem Bericht weiter.
Nach der Abstimmung:Opel-Mitarbeiter verlassen die Belegschaftsversammlung
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Es wird wieder gearbeitet: Opel-Mitarbeiter auf dem Weg zur Schicht
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Tore geräumt:Nach Beendigung der Proteste fegen Mitarbeiter an Tor 1 die Einfahrt
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Abwarten: Die RuhrCongresshalle in Bochum hat nur Platz für 5000 Menschen
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Abstimmung in der RuhrCongresshalle:Opel-Mitarbeiter tragen Wahlurnen zum RuhrCongress
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Mehrheit für Rückkehr ins Werk: Der wilde Streik ist beendet
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Abstimmung in Bochum Bitte klicken Sie einfach auf ein Bild, um zur Großansicht zu gelangen.
Positive Signale aus der Belegschaft
Positive Signale aus der Belegschaft
Betriebsratschef Dietmar Hahn hatte gestern von einer soliden Basis für die Verhandlungen mit dem Opel-Management berichtet. Die Gespräche würden mit dem Ziel geführt, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden und die deutschen Opel-Standorte langfristig zu sichern.
Die am Dienstag verkündete Absichtserklärung von Gesamtbetriebsrat und Opel-Management, die Werke in Bochum, Rüsselsheim und Kaiserslautern langfristig und "über das Jahr 2010 hinaus" zu erhalten, reicht der Belegschaft jedoch nicht aus.
Die Bochumer Arbeiter fordern weiterhin den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. Dies solle ihnen schriftlich zugesichert werden, sagte ein Vertrauensmann.
Der Streik in Bochum hatte zwischenzeitlich die Produktion im belgischen Antwerpen, im englischen Ellesmere Port sowie im Stammwerk Rüsselsheim zum Erliegen gebracht. Diese Werke sind auf Zulieferung aus Bochum angewiesen. Gestern hatten laut Gesamtbetriebsrat europaweit 50.000 Beschäftigte gegen die Sparpläne des Mutterkonzerns General Motors protestiert, alleine in Rüsselsheim demonstrierten laut Betriebsrat 20.000 Menschen.
Nichts geht raus: In Bochum blockieren Mitarbeiter die Werkstore
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Blockade rund um die Uhr: Auch Nachts geht der Protest weiter
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Warten auf Bewegung: Inzwischen ruht auch in Rüsselsheim und Antwerpen die Produktion
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Parolen auf der Windschutzscheibe: Schwanken zwischen Angst und Hoffnung
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Heißer Dienstag: In ganz Europa streikten GM-Mitarbeiter wie hier in Bochum
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Manager-Schelte in Rüsselsheim: Tausende auf der Straße
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Protest in ganz Europa Bitte klicken Sie einfach auf ein Bild, um zur Großansicht zu gelangen.
Clement macht Opel zur Chefsache
Clement macht Opel zur Chefsache
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement will indes die Lösung der Krise beim Autohersteller Opel zur Chefsache machen. Das sagte Clement am gestern Abend im "heute journal" des ZDF. "Wir tun alles, um den Standort zu sichern und auch die notwendigen Gespräche zu führen", sagte der SPD-Minister. Einzelheiten wollte Clement dazu nicht nennen, zeigte sich aber optimistisch, dass alle Opel-Standorte in Deutschland erhalten werden können, auch das Werk in Bochum.
Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) forderte im Zusammenhang mit der Krise bei Opel weitergehende Reformmaßnahmen, um den Industriestandort Deutschland zu sichern. Stoiber plädierte in einem Interview der "Bild"-Zeitung für eine Gemeinschaftsanstrengung, wie "etwas mehr Arbeitszeit und etwas weniger Urlaub. Weniger Steuern und Abgaben. Etwas weniger Macht für Konzern- und Gewerkschaftszentralen und mehr Verantwortung für Betriebe vor Ort".
Ehemaliger GM-Präsident spricht von Managementfehler
Nach Ansicht des ehemaligen Vize-Präsidenten von GM-Europe, Hans-Wilhelm Gäb, ist die Krise bei Opel durch jahrelange Managementfehler bei der Konzernmutter GM mitverursacht worden. "Die Tatsache, dass die Fabriken jetzt nicht ausgelastet sind, ist nicht allein durch die Konjunktur im Automobilgeschäft begründet." Jahrelang seien Versäumnisse begangen worden, sagte Gäb dem ZDF-Magazin "Frontal 21".
Die drohenden Massenentlassungen bei Opel sowie die Krise beim KarstadtQuelle-Konzern beschäftigen heute auch den Bundestag in Berlin. Auf Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen debattierten die Parlamentarier am Nachmittag in einer Aktuellen Stunde über die Lage beider Unternehmen und ihre Restrukturierungsanstrengungen.