KarstadtQuelle Viertelmilliarde von der Gründer-Erbin
Frankfurt - Bei der zur Rettung des Waren- und Versandhauskonzern KarstadtQuelle geplanten Kapitalerhöhung muss Großaktionärin Madeleine Schickedanz einem Zeitungsbericht zufolge tiefer in die Tasche greifen als bislang angenommen.
Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, muss die mit 41,55 Prozent an dem Konzern beteiligte Milliardärin 250 bis 300 Millionen Euro zur Rettung des Konzerns beisteuern. Die Vermögensverwaltung Madeleine Schickedanz wollte den Bericht nicht kommentieren.
Bei Ankündigung der geplanten Kapitalerhöhung in der vergangenen Woche hatten die Großaktionäre Allianz (10,5 Prozent) und der Pool Madeleine Schickedanz erklärt, die Kapitalmaßnahme entsprechend ihrem Anteil zeichnen zu wollen. Damit würde der Schickedanz-Pool jedoch nur einen Betrag von rund 200 Millionen Euro beisteuern.
Riedel-Holding ist noch unentschlossen
Als Grund für den höheren Betrag nennt die Zeitung die "komplizierten Besitzverhältnisse", wegen der die Großaktionärin auch noch für andere Anteilseigner mitbezahlen müsse. KarstadtQuelle wollte auf Anfrage keine Stellung zu dem Artikel nehmen. Zu den Rechenspielen der "Bild"-Zeitung wolle man sich nicht äußern, sagte ein Sprecher.
Ein Analyst sagte, möglicherweise spielten die anderen Familienmitglieder der Familie Schickedanz eine Rolle, die über die Riedel Holding (9 Prozent) an KarstadtQuelle beteiligt sind.
Andererseits sei zu hören, dass das Verhältnis zwischen den Familienmitgliedern nicht besonders gut sei. Daher könne man sich schwer vorstellen, dass Madeleine Schickedanz den Anteil mitzeichne. Die Riedel Holding hat sich nach Angaben eines KarstadtQuelle-Sprechers noch nicht entschieden, ob sie die Kapitalmaßnahme mittragen wird.
Angestellte verzichten auf Zulagen
Gewerkschaftet bietet Verzicht auf Übertarifliches an
Bei den Rettungsbemühungen für den angeschlagenen Warenhausriesen stellen die Arbeitnehmer Vorbedingungen für einen Solidarpakt mit dem Management. Nach Angaben der stellvertretenden Verdi-Vorsitzenden Franziska Wiethold sind Betriebsrat und Gewerkschaft zwar als Gegenleistung für eine Beschäftigungs- und Standortsicherung zum Verzicht auf übertarifliche Leistungen bereit.
Darüber hinausgehende Kürzungen wie auch längere Arbeitszeiten lehnt die Arbeitnehmerseite aber ab. Zudem müssten betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden, verlangte Wiethold am Dienstag in Frankfurt. Ferner sollten die 77 zum Verkauf vorgesehenen kleineren Warenhäuser im Karstadt-Konzern bleiben. Für den Fall, dass andere Bereiche wie zum Beispiel die Logistik verkauft werden, müsse der Käufer eine Garantie für Beschäftigung, Standorte und Tarifbindung abgeben.
Betriebsrat vor Verhandlungen: "Es gibt einen Korridor."
Der Gesamtbetriebsratschef der Karstadt Warenhaus AG, Wolfgang Pokriefke, betonte aber auch: "Wir wollen alles dazu beitragen, dass diese Firma wieder nach oben kommt. Karstadt soll weiterhin seinen Platz in dieser Republik haben." Zum möglichen Spielraum bei den Verhandlungen sagte Wiethold lediglich: "Es gibt einen Korridor."
Der Gesamtbetriebsrat der Warenhaus-Sparte traf sich am Dienstag mit dem Management zu ersten Gesprächen, die am Freitag fortgesetzt werden sollen. In der kommenden Woche würden dann unter Beteiligung von Verdi offizielle Verhandlungen aufgenommen, wobei der genaue Wochentag noch nicht feststehe. Für die Versandhäuser Quelle und Neckermann seien bisher noch keine konkreten Aussagen über Sparpläne möglich. Ein Streik sei derzeit kein Thema.
Unterdessen hat Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement noch einmal Erwartungen an den Staat gedämpft. "Wir wollen den Prozess sehr aufmerksam begleiten, aber der Bund und das Land (Nordrhein-Westfalen) werden sich nicht an die Stelle des Unternehmens setzen", sagte er in Berlin. Die öffentliche Hand stehe allenfalls mit den Instrumenten des Arbeitsmarktes zur Verfügung.
Clement appelliert: Unbedingt Streit vermeiden
Clement hofft aber, dass es zu einem einvernehmlichen Vorgehen von Konzernleitung und Belegschaft komme. Beide Seiten müssten entschlossen sein, KarstadtQuelle in eine gute Zukunft zu führen. "Alles andere würde das Unternehmen in eine äußert schwierige Lage bringen", sagte der Minister.
Job-Hopping in den Verkauf
Wiethold: Botschaft von der Konzernspitze ist neu
Die Bundesregierung stehe mit den Instrumenten der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung, wenn "Not am Mann wäre" und jemand in den Arbeitsmarkt entlassen werden solle. "Das hoffe ich nicht und wünsche ich nicht und möchte ich auch nicht", sagte Clement.
Wenn es aber dennoch dazu komme, sei es besser, man kümmere sich sofort um die Betroffenen. "Wir wissen ja inzwischen, wie schwierig es ist, Arbeitslose in den Arbeitsmarkt zurückzuvermitteln." Clement wollte sich am Abend mit Bürgermeistern betroffener Kommunen und dem nordrhein- westfälischen Wirtschaftsminister Harald Schartau treffen.
Für den Fortbestand der gefährdeten Häuser, von denen nach Angaben des Betriebsrats 55 weiterhin schwarze Zahlen schreiben, sieht Wiethold erste Signale der Konzernleitung. "Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich die Botschaft verändert hat, und zwar in Richtung Standorte erhalten und neu ausrichten."
Job-Hopping: Aus der Verwaltung in den Verkauf
Die Karstadt Warenhaus AG gewährt ihren Beschäftigten derzeit übertarifliche Leistungen wie ein freiwilliges Weihnachtsgeld, das Pokriefke auf durchschnittlich 600 Euro pro Mitarbeiter bezifferte, sowie Prämien und Sonderurlaube je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit. Insgesamt machen sie nach seiner Schätzung etwa 2 bis 3 Prozent der Gehaltssumme aus. Der größte Teil des Urlaubs- und Weihnachtsgelds sei tariflich garantiert.
Die 7000 Mitarbeiter, die vor allem in den Verwaltungen der Filialen ihren Job verlieren sollen, könnten umgeschult und im Verkauf eingesetzt werden, sagte Wiethold. Nach ihren Worten sind bisher bis zu 20.000 Stellen von den geplanten Sanierungsmaßnahmen auf die eine oder andere Weise betroffen.
Eine KarstadtQuelle-Sprecher bekräftigte am Dienstag erneut, die Gefahr einer Insolvenz, wie sie vom Gesamtbetriebsrat thematisiert worden sei, sehe das Unternehmen aktuell nicht. Man sei in "konstruktiven Gesprächen" mit den Banken über die weitere Finanzierung und mit den Anteilseignern zu einer geplanten Kapitalerhöhung.