Angesichts der Schieflage bei Volkswagen wollen die Verantwortlichen nun die Finanzsparte schützen. Um nicht durch eine mögliche Herabstufung beim Rating des Mutterkonzerns unter Druck zu geraten, soll VW Financial Services künftig getrennt bewertet werden.
Hamburg/Hannover - Wie ein Konzernsprecher erklärte, will Volkswagen das Kreditrating seiner Finanztochter VW Financial Services vom Rating des restlichen Konzerns abspalten. Damit bestätigte der Sprecher einen entsprechenden Bericht des "Handelsblatt".
Mit der Abkopplung will der Autobauer seine Finanztochter vor den Folgen einer möglichen Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit durch Agenturen wie Moody's oder Standard & Poor's schützen. Bei einem getrennten Rating würde die Finanzsparte bessere Kreditbedingungen erhalten als der Mutterkonzern.
Für den unter Spardruck stehenden Autohersteller könnte ein schlechteres Rating mittelfristig eine Belastung bei den Refinanzierungskosten in dreistelliger Millionenhöhe nach sich ziehen, heißt es weiter. Zum Jahresende 2003 hatten die Wolfsburger laut Geschäftsbericht im Automobilbereich ein Refinanzierungsvolumen von 12 Milliarden Euro, bei der Finanztochter betrug es 42,7 Milliarden Euro.
Sollte sich das Konzernrating verschlechtern, käme auf die Finanztochter eine schrittweise Belastung von 850 Millionen Euro zu. 2003 hatte VW Financial Services ein Ergebnis von 900 Millionen Euro erzielt. Im ersten Quartal hatte Volkswagen nur dank seiner Finanzsparte einen Verlust vermeiden können. Sowohl das Vorsteuerergebnis als auch der Reingewinn waren um fast 90 Prozent eingebrochen. Ein schlechteres Rating kann sich der Autobauer für seine Bank daher nicht erlauben.
Märkte rechnen mit Gewinnwarnung
Am kommenden Freitag wird Volkswagen den Bericht zum zweiten Quartal vorlegen. An den Finanzmärkten wird bereits über eine Senkung der Gewinnprognose durch Europas größten Autobauer spekuliert.
Branchenexperten gehen davon aus, dass der Konzern sein Ergebnisziel für das Gesamtjahr nur schwer aufrechterhalten kann. "Eine Gewinnwarnung wäre keine Überraschung", sagte Oliver Gerzick von der Bayerischen Landesbank. "Es wird ein weiteres Leidensjahr für Volkswagen." Nach bisheriger Planung wollen die Wolfsburger 2004 ihr operatives Vorjahresergebnis vor Sondereinflüssen von 2,5 Milliarden Euro wieder erreichen.
Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Analysten rechnen im ersten Halbjahr mit einem Einbruch des Vorsteuerergebnisses auf 372 Millionen Euro nach rund einer Milliarde Euro ein Jahr zuvor. Beim operativen Ergebnis gehen sie von 821 Millionen Euro nach 1,22 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum aus. Für das zweite Quartal prognostizieren die Experten eine Halbierung des Ergebnisses vor Steuern auf 330 Millionen Euro.
Für die größten Probleme sorgen nach wie vor die anhaltend schwache Branchenkonjunktur sowie die hohen Kostenbelastungen. Die Branche hat die Hoffnung auf eine Marktbelebung in Deutschland inzwischen aufgegeben. Industrieverbände senkten jüngst ihre Absatzprognosen für 2004.
Die Hoffnungen ruhen auf wieder einmal auf dem Export. Aber auch im Ausland läuft es für Volkswagen nicht gut. Im Juni musste der Konzern - im Gegensatz zu
anderen deutschen Herstellern - deutliche Verkaufseinbußen in den USA hinnehmen.
"Es hängt alles an der anhaltenden Konsumzurückhaltung. Der ganze Massenmarkt kommt nicht in Fahrt", sagte Michael Punzet von der Landesbank Rheinland-Pfalz. Wegen der weiterhin schwachen Autokonjunktur in Europa hat Volkswagen die Werksferien in den europäischen Pkw-Werken der Marke VW bereits auf vier von drei Wochen verlängert.