Mercedes-Konflikt
Schrempp & Co. zum Gehaltsverzicht bereit
Im Konflikt um millionenschwere Einsparungen bei Mercedes ist der Vorstand von DaimlerChryler zum Gehaltsverzicht bereit. Noch reagiert der Betriebsrat kühl. Politiker sehen in der Offerte aber ein wichtiges Signal an die Arbeitnehmer. Die Hoffnung auf eine Einigung wächst.
Hamburg/Stuttgart - Nach tagelangen massiven Protestaktionen bei DaimlerChrysler bahnt sich eine Einigung im Streit um die Einschränkung von Sozialleistungen an. Das Management des Autokonzerns bot den Beschäftigten am Wochenende in einem spektakulären Vorstoß an, selbst Einkommenseinbußen hinzunehmen, sollte es eine Lösung geben. Sowohl Konzernchef Jürgen Schrempp als auch die IG Metall zeigten sich optimistisch über eine Einigung mit dem Betriebsrat noch in dieser Woche.
Der Vorstand sei bereit, auf Einkommen zu verzichten, sollte ein Gesamtpaket zur Lösung des Streits um millionenschwere Einsparungen vereinbart werden, sagte Unternehmenssprecher Thomas Fröhlich. Er bestätigte damit einen Bericht der "Bild am Sonntag" (BamS). Eine Lösung müsse allerdings bis Monatsende gefunden werden. Die Zeitung berichtete, DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp und seine Kollegen wollten auf zehn Prozent ihrer Einkommen verzichten. Die Zahl konnte Fröhlich indes nicht bestätigen.
Die Proteste gehen weiter
Aus Protest gegen die Sparpläne des Vorstands hatten am Sonnabend nach Angaben des Betriebsrats mehr als 14.000 Beschäftigte in Sindelfingen und Untertürkheim die Arbeit niedergelegt. Dadurch konnten 1000 Autos nicht montiert werden.
Gesamtbetriebsratschef Erich Klemm reagierte der "BamS" zufolge kühl auf das Angebot der Konzernspitze. "Wenn der Vorstand lediglich anbietet, 'mal für ein Jahr seine Bezüge nicht zu erhöhen, dann ist das in meinen Augen nur lächerlich", zitierte ihn das Blatt. Auch er würde auf einen Teil seines Gehalts verzichten.
Die "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" will aus Betriebsratskreisen erfahren haben, dass am kommenden Dienstag die komplette Spätschicht im Mercedes-Werk Sindelfingen die Arbeit ausfallen lassen werde. Zugleich kämen die Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung am Dienstag in die entscheidende Phase.
Betriebsrat geht auf den Vorstand zu
Der Vorstand will die Arbeitskosten in den baden-württembergischen Werken im Südwesten um 500 Millionen Euro senken. Sollte es nicht zu einer Einigung mit Betriebsrat und Gewerkschaft kommen, soll die Produktion der neuen C-Klasse von Mercedes von 2007 an nach Bremen und Südafrika verlegt werden. Dadurch wären in Baden-Württemberg 6000 Arbeitsplätze in Gefahr. Der Betriebsrat hat bislang Zugeständnisse im Wert von umgerechnet 200 Millionen Euro jährlich angeboten.
Mercedes-Chef Jürgen Hubbert sagte dem "Spiegel", er sei "optimistisch, dass wir uns einigen". Auch DaimlerChrysler-Konzernchef Schrempp äußerte sich "zuversichtlich, dass wir in Kürze eine Lösung herbeiführen." Ebenso zeigte sich
IG-Metall-Vize Berthold Huber optimistisch vor den Gesprächen, pochte aber in der "Stuttgarter Zeitung" (Montagausgabe) auf Standort- und Beschäftigungssicherung.
Während SPD-Chef Franz Müntefering im Streit um längere Arbeitszeiten den Arbeitgebern einen Angriff auf Arbeitnehmerrechte vorwarf, äußerte CSU-Chef Edmund Stoiber Verständnis für die Kostensenkungspläne bei DaimlerChrysler. Er sagte, Tarifverträge, die stündliche Extra-Pausen und Spätzuschläge ab 12.00 Uhr mittags vorsähen, passten nicht mehr in die Zeit.
"Manager sollten mit gutem Beispiel vorangehen"
Politiker aus verschiedensten Parteien begrüßten nach dem Bericht der "BamS" den angebotenen Gehaltsverzicht des Vorstandes. Dabei stellten sie in ihren Kommentaren die Vorbildfunktion der Topmanager in den Vordergrund.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und SPD-Vize Kurt Beck etwa erklärte: "Die Manager in den oberen Etagen sollten mit gutem Beispiel vorangehen und so wie bei Lufthansa damals auf zehn Prozent ihres Gehalts verzichten. Da käme schon einiges zusammen. Es wäre ein Signal an die Arbeitnehmer."
FDP-Chef Guido Westerwelle wird mit den Worten zitiert: "Was man von Arbeitnehmern verlangt, müssen auch Wirtschaftsführer sich selbst zumuten." CDU-Vize Christoph Böhr ergänzte dem Bericht zufolge: "Dies wäre zugleich ein Anreiz, notwendige Kostensenkungen nicht nur auf dem Rücken der Arbeitnehmer auszutragen."
Mercedes-Chef erwartet deutliches Absatzplus
Der Schwung soll mit neuen Produkten kommen
DaimlerChrysler-Vorstand Jürgen Hubbert geht indes nach Presseberichten vom Wochenende davon aus, dass Mercedes in diesem Jahr deutlich mehr Autos absetzen wird als im Vorjahr. Im zweiten Halbjahr werde der Absatz dank neuer Modelle deutliche ansteigen, sagte der Chef der Mercedes Car Group der Branchenzeitung "Automobilwoche" (Erscheinungstag: 19. Juli). "Die Entwicklung läuft so, wie wir sie geplant haben", sagte Hubbert. Die Mercedes Car Group werde am Jahresende "mit deutlich besseren Absatzzahlen als im Vorjahr dastehen, dazu wird auch die Marke Smart wesentlich beitragen."
Der nötige Schwung, so Hubbert, werde mit den neuen Produkten kommen. So liegen laut Hubbert für die neue, am 10. September startende A-Klasse bereits "mehr als 25.000 Bestellungen für Westeuropa" vor. Mittelfristig hält Hubbert für alle Varianten der A-Klasse einen Absatz von 300.000 Fahrzeugen pro Jahr für möglich.
Große Chancen sieht Hubbert in China. Der Mercedes-Chef geht davon aus, dass die chinesische Regierung im Laufe der nächsten Wochen die endgültige Genehmigung für die geplante Mercedes-Produktion erteilt, "die wir dann noch in diesem Jahr anlaufen lassen wollen".