Volkswagen Flucht nach vorne
Wolfsburg/Peking - Der für China zuständige Volkswagen-Vorstand Folker Weißgerber unterzeichnete am Dienstag im chinesischen Changchun mit dem Präsidenten des Partners First Automotive Works (FAW) mehrere Abkommen, mit denen die gemeinsamen Aktivitäten verstärkt werden sollen. Die Zahl der Produktionsstätten in China erhöht sich mit den zwei neuen Standorten auf fünf.
Von Ende 2005 an sollen in dem Werk in Changchun Hinter- und Vorderachsen für neue Modelle wie Caddy, Bora oder Touran produziert werden. Investiert werden umgerechnet rund 150 Millionen Euro. An dem Joint Venture hält Volkswagen 60 Prozent und FAW 40 Prozent. In einem weiteren Gemeinschaftsunternehmen wollen die Partner ab 2006 in der chinesischen Hafenstadt Dalian Motoren bauen.
Ferner steigt Volkswagen in China in den Markt der leichten Nutzfahrzeuge ein. Ein entsprechender Lizenzvertrag sieht den Bau von Multivans vor.
Einbruch bei den Marktanteilen
Die millionenschweren Investitionen sind Teil von bereits länger bekannten Plänen von Volkswagen, bis 2008 in China zusammen mit seinen lokalen Partnern 5,3 Milliarden Euro zu investieren. Damit will der Autobauer seine Position als Marktführer in China verteidigen.
Zuletzt hatte Volkswagen in der Volksrepublik in einem stärker werdenden Wettbewerb stetig Marktanteile verloren. Die Deutschen blieb 2004 bisher deutlich hinter der Marktentwicklung zurück und musste bei Preissenkungen mitziehen.
In den ersten fünf Monaten 2004 erreichte der im Dax notierte Konzern in China einen Marktanteil von 25 Prozent. Im Juni schrumpfte dieser sogar auf 16 Prozent, wie das "Handelsblatt" am Mittwoch berichtete. Ein Sprecher bestätigte diese Zahlen nicht. 2003 hatte Volkswagen in China noch einen Marktanteil von 30,8 Prozent nach 38,3 Prozent im Jahr zuvor.
Unbeeindruckte Börsianer
Die Volkswagen-Aktie hat am Mittwoch im Einklang mit dem Gesamtmarkt nachgegeben. Laut Analysten sind die Expansionspläne keine Überraschung.
"Der Monat Juni ist für Volkswagen in China sehr schlecht verlaufen, und nun soll wohl gegengesteuert werden", sagte Analyst Jochen Kepler von Kepler Equities. Über den Aufbau von lokalen Zuliefer-Unternehmen erhoffe sich Volkswagen wahrscheinlich, Kosten zu senken. "Die existierenden Zulieferer in China arbeiten verhältnismäßig ineffektiv und sind daher immer noch sehr teuer", sagte er.
Auch Analyst Marc-Rene Tonn von M.M. Warburg begründete den Schritt der Wolfsburger mit den hohen Kosten der chinesischen Zulieferer am Markt. "Der Schritt ist für Volkswagen sinnvoll und nicht überraschend, denn der Konzern hatte schon lange angekündigt, Aktivitäten in China ausbauen und seine Position verbessern zu wollen", sagte er. Dies sei ein Weg, um Kosten zu senken.