Vodafone Übernahme auf Kosten des Steuerzahlers?
Berlin - Die Übernahme von Mannesmann durch den Mobilfunkgiganten Vodafone könnte den Steuerzahler bis zu 50 Milliarden Euro kosten. Der Berliner "Tagesspiegel" berichtete am Samstag, bei der Düsseldorfer Finanzbehörde seien Teilwertabschreibungen in dieser Höhe geltend gemacht worden. Das Bundesfinanzministerium nannte den Vorgang "sehr befremdlich" und kündigte eine eingehende juristische Prüfung an.
"Die ganze Sache hat ganz klar einen sehr faden Beigeschmack", hieß es im Haus von Finanzminister Hans Eichel weiter: "Es kann nicht sein, dass ein Unternehmen ein anderes kauft, dann mit Hilfe von Transfers über das Ausland und andere Gestaltungsformen seine Steuerschuld klein rechnet, am Ende also der deutsche Steuerzahler diese Geschäft bezahlen soll - inklusive der Tantiemen und Abfindungen für die beteiligten Manager." Der "Tagesspiegel" schrieb, sollte sich Vodafone mit seinem Antrag durchsetzen, dann müsse der Konzern auf Jahrzehnte keine Steuern mehr bezahlen.
Teilwertabschreibungen sind dem Bericht zufolge im Steuerrecht dann erlaubt, wenn der Wert eines Bilanzpostens dauerhaft unter den Betrag fällt, mit dem er in den Büchern steht. So sei Mannesmann auf der Höhe des Aktienbooms 1999/2000 für knapp 200 Milliarden Euro gekauft worden. Von März 2000 an hätten aber die internationalen Aktienmärkte dramatisch an Wert verloren.
Buchverlust von 50 Milliarden Euro
Im Einzelnen schrieb die Zeitung, die Mannesmann-Aktionäre hätten bei der Übernahme Vodafone-Aktien im Gegenwert von 353 Euro pro Mannesmann-Aktie bekommen. Das Mannesmann-Aktienpaket sei von einer Luxemburger Vodafone-Tochter Ende 2000 für 146,9 Milliarden Euro an die deutsche Vodafone GmbH verkauft worden, was einem Kurs von 309 Euro entspreche.
Ein Jahr später sei der Wert der Aktie auf 200 Euro taxiert worden, worauf eine entsprechende steuerliche Abschreibung vorgenommen worden sei, hieß es weiter. Dies entspreche dem Buchverlust von fast 50 Milliarden Euro, den Vodafone nun gegen seither angefallene Gewinne aufrechnen wolle. Die Finanzbehörden hätten aber Zweifel, ob der Zwischenwert von 309 Euro dem seinerzeit bereits niedriger liegenden Kursniveau entsprochen habe, hieß es weiter.
Wend: "Unglaublicher Skandal"
Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Rainer Wend (SPD), übte an der geplanten Teilwertabschreibung heftige Kritik. Er sprach in "Bild am Sonntag" von einem "unglaublichen Skandal", dass die damalige Übernahme nach der "50-Millionen-Euro-Abzocke" durch Mannesmann Chef Klaus Esser jetzt auch noch auf Kosten aller Steuerzahler finanziert werden solle.
Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Scheel, erklärte, es könne nicht angehen, dass "Fantasiekurse von Aktien" zu solchen gigantischen Steuerausfällen führen könnten. Dieser Fall zeige, wie falsch es gewesen sei, dass Union und FDP sich jahrelang gegen eine Mindeststeuer bei Gewinnen gestellt hätten.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende im niedersächsischen Landtag, Sigmar Gabriel, sprach im Deutschlandfunk von einem "unglaublichen Vorgang", wenn Manager ihre Provisionen an überhöhten Aktienkursen ausgerichtet hätten. Wenn Profiteure Wasser predigten, selbst aber Wein tränken, müsse man sich nicht wundern, wenn die Staatsverdrossenheit zunehme und "möglicherweise auch wieder ein paar Leute den Rattenfängern hinterherlaufen".