Loch im Verkehrsetat Ohne Maut kein Transrapid?
Berlin / München - Die Verluste aus der verzögerten Einführung des Mautsystems werden zu Lasten der Investitionen in Straßen, Schienen und Wasserstraßen gehen.
Das geht aus dem überarbeiteten Verkehrsetat des Bundes für 2004 hervor. Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Dirk Fischer, sagte, dass zudem "weitere Ausfälle vorprogrammiert sind".
Von 9,5 Milliarden Euro wurde im Verkehrsetat mautbedingt mehr als eine Milliarde zunächst gesperrt. Davon entfallen 530 Millionen auf Straßen, 390 Millionen auf die Bahn und 125 Millionen auf Wasserstraßen. Zugleich ging der politische Streit über die Lkw-Maut und den Münchner Transrapid weiter, für den der Bund zunächst nur 550 Millionen fest zusagte, aber unter Bedingungen weitere 125 Millionen in Aussicht stellte.
Trotz des bereits mehrmonatigen Mautdebakels, das seit Anfang September dem Bund monatlich Einnahmeausfälle von 150 bis 163 Millionen beschert, bekundeten das Bundesverkehrsministerium und das Betreiber- Konsortium, weiter zusammen arbeiten zu wollen.
Mautvertragskündigung: Ente mit kurzer Lebensdauer
Beide dementierten einen Zeitungsbericht, wonach Verkehrs- und Bauminister Manfred Stolpe (SPD) den Vertrag mit Toll Collect kündigen wolle. Diese vorab von der "Passauer Neuen Presse" angebotene Meldung sei "in Gänze falsch", sagte ein Sprecher des Ministeriums. Damit wies er auch die Behauptung zurück, die Bundesregierung wolle zum Ausgleich die Mineralölsteuer erhöhen. Auch bei Toll Collect hieß es auf Anfrage: "Es handelt sich um eine Ente, die den Abend nicht überleben wird."
Nach Ansicht von Grünen-Verkehrssprecher Albert Schmidt bleibt Stolpe jedoch möglicherweise gar keine andere Wahl, als zu kündigen. Dies sei der Fall, wenn Toll Collect in den laufenden Nachverhandlungen zum Vertrag "bis Mitte Dezember kein verbindliches Datum für einen realistischen Starttermin gibt", sagte Schmidt auf Anfrage.
Es gebe auch noch andere technologische Varianten. Schmidt räumte allerdings ein, dass auch dies Zusatzkosten und Zeitverzug bedeuten könnte, nachdem die vom Konsortium angekündigten Starttermine 31. August und Anfang November längst verstrichen seien.
Die Lkw-Vignette wird nicht wieder eingeführt
Stolpe selbst hatte am Vortag im Haushaltsausschuss die Hoffnung geäußert, dass das System der kilometerabhängigen Autobahn-Maut spätestens Ostern in Gang gesetzt werden könne. Stolpe hatte zudem schon vorher darauf hingewiesen, dass auch ein Milliarden-Investitonsprogramm für die Deutsche Bahn abhängig davon sei, wie schnell die Maut-Einnahmen fließen.
Eine kurzfristige Wiedereinführung der streckenunabhängigen Lkw-Vignette, die Zeit ihres Bestehens etwa 60 Millionen Euro monatlich an Einnahmen für den Staat abgeworfen hatte, lehnte Stolpe ab. Seinem Votum schloss sich eine Mehrheit des Verkehrsausschusses an, der Plan wurde verworfen.
Bei den Verhandlungen mit Toll Collect geht es um eine nachträgliche Verankerung von Entschädigungszahlungen, die das Konsortium bisher ablehnt. Diese Gespräche laufen schleppend. Der Sprecher des Ministeriums sagte: "Wir verhandeln mit dem Ziel, das Projekt mit Toll Collect zu realisieren, halten uns aber alle Optionen, die der Betreibervertrag bietet, offen." Damit deutete er die zum 15. Dezember mögliche Kündigung an. Ein Sprecher von Toll Collect sagte: "Das Konsortium wird seinen Vertrag erfüllen und ihn zum Erfolg führen."
Bayerische SPD und Grüne wollen München-Transrapid kippen - Otto Wiesheu nicht
675 Millionen für den München-Transrapid gefordert
Der Bau- und Verkehrsetat 2004 sieht knapp 25,6 Milliarden Euro Ausgaben vor - rund 490 Millionen weniger als für 2003 erwartet werden. Einschließlich der durch die Mautverzögerungen gesperrten Mittel entfallen von den 9,5 Milliarden Euro Investitionen gut vier Milliarden auf die Bahn, 4,87 Milliarden auf den Straßenbau und knapp 633 Millionen auf Wasserstraßen.
Von den 550 Millionen für den Münchner Transrapid dürfen 40 Millionen 2004, der Rest in den beiden Folgejahren ausgegeben werden. Weitere 125 Millionen werden den Bayern zugestanden, wenn der Bedarf in Gesamtfinanzierungskonzepten nachgewiesen wird.
Der bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) forderte erneut die sofortige Zusage der gesamten 675 Millionen Euro. Die Grünen forderten die Bayern auf, auf den 1,6 Milliarden teuren Transrapid zu verzichten. Der Ausbau der S-Bahn zwischen Flughafen und City München zu einem Express wäre mit maximal 400 Millionen günstiger, aber genau so attraktiv. Auch der SPD-Landtagsfraktionschef Franz Maget signalisiert Ablehnung: "Tatsache ist, dass wir uns um Augenblick und bis auf Weiteres den Transrapid nicht leisten können", sagte er. Es gebe wichtigere und vordringlichere Aufgaben zu erfüllen.
Hausaufgaben und Hausnummern rund um die Schwebebahn
Für Wiesheu ist das Projekt Magnetschwebebahn dennoch nicht gestorben. "Der Beschluss ist nicht gut, aber er bedeutet nicht das Scheitern des Transrapid", sagte Wiesheu am Freitag im BR-Rundfunk.
Er gehe davon aus, dass die vom Haushaltsausschuss des Bundestags bewilligten 550 Millionen Euro eine "Hausnummer" seien, über die jetzt verhandelt werde. "Der Bund muss sich bewegen oder sagen, er will das Projekt nicht." Bundesverkehrsminister Stolpe habe eine Aufstockung um 125 Millionen Euro auf 675 Millionen Euro zugesagt.
Ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe betonte in Berlin, dass diese weiteren 125 Millionen Euro angefordert werden könnten. Dafür müsse aber belastbar im Gesamtfinanzierungskonzept ein Bedarf nachgewiesen werden. Es sei nun Aufgabe der bayerischen Staatsregierung, dieses Konzept zu erarbeiten. Bayern müsse erst einmal seine diesbezüglichen "Hausaufgaben" erledigen.