Das Loch in der gesetzlichen Rentenversicherung ist größer als erwartet. Experten erwarten eine Finanzlücke von acht Milliarden Euro. Damit schwinden die Chancen, dass der Beitragssatz stabil gehalten werden kann.
Berlin - Die Experten von Rentenversicherern und Bundesregierung, die im Schätzerkreis zusammenarbeiten, erwarten für 2004 eine Finanzlücke in der Rentenkasse von rund acht Milliarden Euro.
Sollte es bei der von Finanzminister Hans Eichel geplanten Kürzung des Bundeszuschusses um zwei Milliarden Euro bleiben, fehlten insgesamt zehn Milliarden Euro. Um den Fehlbetrag zu schließen, müsste der Beitragssatz rein rechnerisch auf 20,3 Prozent angehoben werden, unter Berücksichtigung von Eichels Sparplänen sogar auf 20,5 Prozent. Die Fachleute des Schätzerkreises hatten im Sommer noch einen Beitragssatzanstieg auf 19,9 Prozent für das nächste Jahr prognostiziert.
Verdi-Chef Bsirske hat mit dem Anstieg wenig Probleme. "Ein Beitragssatz von 24 Prozent ist doch kein Drama und dann akzeptabel, wenn man die Alternativen bedenkt", sagte er der "Welt". Seiner Ansicht nach müssen die Arbeitnehmer ohne die Beitragserhöhung mit einer steigenden Altersarmut rechnen und mit Altersbezügen auf Sozialhilfeniveau auch nach 30 Beitragsjahren.
"Rente mit 67 ist kein Sachzwang"
Bsirske forderte die Abgeordneten der rot-grünen Regierungskoalition auf, eine Erhöhung des gesetzlichen Rentenbeginns von 65 auf 67 Jahre zu verhindern. "Die Rente mit 67 ist kein Sachzwang, allemal in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, sondern eine falsche politische
Entscheidung." Kürzungen für die heutigen Rentner müssten abgewendet werden.
Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, den Beitragssatz zur Rentenversicherung im nächsten Jahr bei 19,5 Prozent stabil zu halten. Bundeskanzler Gerhard Schröder will deshalb am Sonntag mit dem Kabinett und den Spitzen von SPD und Grünen kurzfristige Sparmaßnahmen beschließen. Unklar ist, um welches Sparvolumen es gehen wird. Sozialministerin Ulla Schmidt wird dem "Handelsblatt" zufolge bereits am Wochenende eine Erhöhung der Beitragssätze ankündigen.
Probleme gibt es nach Angaben der "Stuttgarter Zeitung" auch mit der so genannten Schwankungsreserve der Rentenversicherer. Sie soll im September um mehr als eine Milliarde auf 5,9 Milliarden Euro gesunken sein. Im August hatte die Reserve noch bei 7,0 Milliarden Euro gelegen. Damit entfernten sich die Rentenversicherer immer weiter von der gesetzlichen Vorgabe, bis zum Jahresende mindestens
eine halbe Monatsausgabe vorzuhalten. Im September habe sich die Schwankungsreserve auf 38 Prozent einer Monatsausgabe belaufen, im August auf 44 Prozent. Allein schon wegen dieser Schieflage hielten SPD-Abgeordnete eine Anhebung der Rentenbeiträge für unvermeidlich, heißt es in der Zeitung.