Haushalt 2004 28,8 Milliarden Euro neue Schulden
Berlin - Finanzminister Hans Eichel hat mit dem Etat 2004 nach eigener Einschätzung den Haushalt mit den bislang größten Risiken seiner Amtszeit vorgelegt. "Drei Jahre wirtschaftliche Stagnation haben alle Erfolge in Frage gestellt", sagte Eichel vor dem Bundestag.
"Dieses Paket enthält Zumutungen für alle", sagte Eichel am Dienstag zu Beginn der viertägigen Bundestagsberatungen über die Finanzplanung des Bundes bis 2004. "Das sind die Folgen von drei Jahren Stagnation", sagte der SPD-Politiker. Folgen seien sinkende Steuereinnahmen und höhere Arbeitslosigkeit, was den Etat belaste. Der Sparkurs werde fortgesetzt.
Eichel machte vor allen den "Absturz der Lokomotive Weltwirtschaft" für die neuen Schulden verantwortlich. Aber es komme auch daher, dass die Union mit ihrer Mehrheit in Bundesrat nicht wisse, was sie wolle. Der Entwurf sieht Ausgaben von 251,2 Milliarden Euro und 28,8 Milliarden neue Schulden vor. Das sind rund 10 Milliarden mehr als 2003 gesetzlich geplant.
Wachstum von zwei Prozent?
In der Debatte geht es um die Gesetze zum Etat 2004, die mittelfristige Finanzplanung, das Vorziehen der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 sowie die Gemeindefinanzreform. Am Nachmittag diskutiert das Parlament erstmals über das Gesetz zur Gesundheitsreform, das auf einer Einigung zwischen Union und Koalition basiert.
Zum Auftakt stehen Debatten über die Etats der Ministerien für Gesundheit, Familie, Inneres und Landwirtschaft an. Am Mittwoch steht die Debatte über den Kanzleretat auf der Tagesordnung, den die Opposition traditionell zur Generalabrechnung mit der Regierung nutzt. Bundeskanzler Gerhard Schröder wird dann selbst das Wort ergreifen. Der Etatentwurf von Finanzminister Hans Eichel ist höchst umstritten, da er von einem Wachstum von zwei Prozent ausgeht, was die Opposition, aber auch etliche Konjunkturforscher für übertrieben halten. Die SPD-Fraktion hatte den Haushalt einhellig angenommen, die Grünen verzichteten auf eine Abstimmung.
Konfliktstoff bieten auch die Verfehlungen Deutschlands bei den Euro-Stabilitätskriterien. Laut Eichel wird es im kommenden Jahr "verdammt schwierig", die Vorgaben einzuhalten. 2002 und 2003 lag das Staatsdefizit über den erlaubten drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Umfrage: 79 Prozent zu Einschnitten bereit
In der Union mehren sich die Stimmen, die für eine Ablehnung des Bundeshaushalts auch im Bundesrat plädieren. Nach Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz plädierte nun auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Volker Kauder, am Dienstag dafür, zum Bundesetat 2004 in der Länderkammer Nein zu sagen. Eine Ablehnung des Haushalts wäre in der Geschichte der Bundesrepublik einzigartig. Nach Kauders Worten wäre es in einem solchen Fall nicht ausgeschlossen, dass die Bundesregierung in diesem Jahr den Haushalt nicht mehr über die parlamentarischen Hürden heben kann.
Um der lahmenden Wirtschaft auf die Sprünge zu helfen, wären einer Umfrage zufolge 79 Prozent der Deutschen zu persönlichen Einschnitten bereit. Jeder vierte Arbeitnehmer würde vorübergehend auf Lohnerhöhungen verzichten, ergab eine repräsentative Emnid-Umfrage im Auftrag der Programmzeitschrift "auf einen Blick". Rund jeder Fünfte würde notfalls länger arbeiten. 16 Prozent der arbeitenden Bevölkerung wären kurzfristig bereit, auf Weihnachts- oder Urlaubsgeld zu verzichten.
12 Prozent der Befragten gaben an, eventuell weniger Feiertage in Kauf zu nehmen. Sechs Prozent könnten sich vorstellen, bei den Urlaubstagen kürzer zu treten. Lediglich 19 Prozent der deutschen Arbeitnehmer lehnen persönliche Abstriche zu Gunsten der Konjunktur ab. Zwei Prozent der Befragten machten keine Angaben.