Regierungsplan Die Bahn kommt - in fremde Hände
Berlin - Die Bundesregierung will bis Jahresende Klarheit für eine Entscheidung zur Privatisierung von Anteilen der Deutschen Bahn schaffen.
Eine Arbeitsgruppe kläre derzeit die Details für eine Entscheidungsgrundlage, wie die Bahn-Reform zu vollenden sei, sagte ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) am Sonntag auf Anfrage in Berlin. Einen Termin für die Entscheidung selbst gebe es bisher nicht.
Er widersprach damit einem Bericht der "Berliner Zeitung", das Kabinett wolle noch im November über einen Verkauf von Anteilen entscheiden.
Bahn-Gewerkschaft: "Schluss mit dem Börsengerede"
Als Voraussetzung müsse eine Börsenfähigkeit des bundeseigenen Verkehrskonzerns gegeben sein, bekräftigte der Sprecher. Zudem müsse das Umfeld an den Kapitalmärkten stimmen.
Das als Termin für die Börsenfähigkeit angepeilte Jahr 2005 sei "kein Dogma". Auch Bahn-Chef Hartmut Mehdorn hatte sich mehrfach in diesem Sinn geäußert, den Termin aber gleichwohl als Ziel bekräftigt.
Die Bahn-Gewerkschaft Transnet hatte nach der Vorlage der Halbjahreszahlen vergangene Woche gefordert, das "Gerede" über einen Börsengang 2005 müsse schnell beendet werden. Die Probleme vor allem im Fernverkehr seien nach wie vor "gravierend".
266 Millionen Euro minus im Personenfernverkehr
In den ersten sechs Monaten 2003 hatte der Konzern den Umsatz auf insgesamt knapp 14 Milliarden Euro gesteigert. Der Betriebsverlust nach Steuern wurde auf 143 Millionen Euro verringert, nachdem ein Jahr zuvor noch ein Minus von 235 Millionen Euro ausgewiesen worden war.
Im Personenfernverkehr, bei dem die Bahn wegen des neuen Preissystems monatelang in der Kritik stand, fuhr sie allerdings einen Verlust von 266 Millionen Euro ein.
Grüne und CDU/CSU warnten derweil vor Überlegungen, auch Teile des Schienennetzes mit zu verkaufen. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen Albert Schmidt sagte der "Berliner Zeitung": "Solche Bestrebungen gibt es nach wie vor in der SPD, obwohl wir im Koalitionsvertrag klar vereinbart haben, dass die Infrastruktur der Bahn in der öffentlichen Hand verbleibt."
Kritiker sehen kaum Chancen für attraktive Preise
Schmidt äußerte zudem "allerhöchste Bedenken, ob derzeit bei einem Verkauf von Bahn-Anteilen überhaupt ein attraktiver Preis zu erzielen ist".
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU, Dirk Fischer (CDU), warnte, beim derzeitigen Zustand der Bahn sei mit einem Verkauf "kein Geld zu verdienen, da müsste man die Anteile verschenken". Die Bahn müsse erst "eine mehrjährige nachhaltige Ertragsfähigkeit nachweisen". Fischer mahnte zudem, "die Infrastruktur muss in staatlicher Hand bleiben". Die Verbraucherzentralen bekräftigten unterdessen ihre Kritik an den Gebühren der neuen Bahn-Auskunft von Telegate und Deutscher Bahn. Der Fahrplanservice unter der Rufnummer 11880 kostet 1,19 Euro pro Minute, abgerechnet wird im Minutentakt, Warteschleifen muss der Kunde mitzahlen.
Bahnexperte Holger Jansen vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) sagte der "Bild am Sonntag": "Allgemeine Auskunftsnummern dürfen nicht mehr kosten als zwölf Cent pro Minute, so wie es früher bei der alten Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn war." Die Bahn-eigene Auskunft kostet derzeit durchschnittlich 60 Cent pro Minute.