Ein reibungsloser Start der Lkw-Maut in Deutschland wird immer unwahrscheinlicher. Die Technik funktioniert nicht, sagen Spediteure, die EU leitet ein Verfahren gegen Deutschland ein - und niederländische Spediteure wollen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Brüssel/Berlin - Die EU-Kommission hat ein Verfahren
gegen Deutschland wegen der geplanten Lastwagen-Maut eröffnet. Das teilte die Behörde am Mittwoch in Brüssel mit.
Dabei gehe es weniger um das Mautsystem an sich als um die vorgesehenen Entschädigungszahlungen an die deutsche Transportbranche. Das Verfahren soll klären, ob Deutschland den Speditionen zum Ausgleich für die Ende August in Kraft tretende Maut ungerechtfertigte Beihilfen etwa durch Steuerermäßigungen gewährt. "Das Verfahren bezieht sich nur auf den Ausgleich. Wenn Deutschland aber daran festhalten sollte, hat das Folgen für das gesamte Maut-System", hieß es in den Kreisen weiter.
Die Maut soll 12,4 Cent pro Kilometer betragen und jährlich rund 2,8 Milliarden Euro einbringen. In EU-Kreisen hatte es geheißen, ein Prüfverfahren würde wahrscheinlich nicht mehr in diesem Jahr abgeschlossen.
Diskutieren wollte die Kommission am Mittwoch auch Vorschläge für die künftige Verwendung von Mautgebühren. Deutschland kritisiert Einschränkungen bei der Verwendung dieser Gebühren für andere Zwecke als den Straßenbau.
Das Bundesverkehrsministerium sieht in der Prüfung kein Problem. Das Beihilfe-Prüfverfahren zu geplanten Entschädigungszahlungen an Spediteure habe keinerlei Auswirkungen auf den Start der Lkw-Maut, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Berlin. Die Prüfung sei zur Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen von der Bundesregierung selbst beantragt worden und werde daher ausdrücklich begrüßt.
Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) befürchtet indes bei der Einführung der Lkw-Maut ein Chaos. "Wir werden wählen müssen zwischen Verkehrssicherheit und korrekter Mautbezahlung", sagte BGL-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt im ZDF-Morgenmagazin. Schmidt verwies auf Probleme beim Einbau der
entsprechenden Kontrollgeräte. Nach einer Umfrage unter Spediteuren hätten "weniger als ein Prozent unserer Unternehmen bisher einen Einbautermin erhalten". Auch gebe es "reihenweise Pannen, so dass kaum ein Teil dieser wenigen Geräte, die probeweise eingebaut wurden, überhaupt funktioniert".
Neben dem Verfahren der EU-Kommission droht der Bundesregierung unterdessen auch eine Klage niederländischer Spediteure vor dem Bundesverfassungsgericht. Das berichtet das Magazin "Stern" (Donnerstagausgabe). Damit solle
die Einführung der Lkw-Maut in Deutschland hinausgezögert werden, hieß es. Die Niederländer argumentierten, dass die Zeit zum Umrüsten ihrer Fahrzeuge nicht ausreiche, zudem seien gar nicht genügend Bordcomputer verfügbar, mit denen die Maut per Satellit abgerechnet wird.