Lufthansa "Diese Branche hat in Summe niemals Geld verdient"
Köln - Spätestens als Jürgen Weber - gelbe Krawatte, gelbes Einstecktuch - nach seiner Rede von fast tosendem Applaus begleitet ein echtes Steuerhorn an seinen Nachfolger Wolfgang Mayrhuber überreichte, war in der Kölnarena jedem klar, worauf Webers Erfolg zu einem großen Teil beruht, der Mann weiß zu begeistern.
Bereits während seines Berichts hatten die Lufthansa-Aktionäre zahlreiche Ausführungen des scheidenden Vorstandschefs goutiert.
So bedachten die Aktionäre Weber zum Beispiel mit reichlich Beifall als dieser "dem großartigen Team der Lufthanseatinnen und Lufthanseaten" dankte, als er sagte, dass Krisenbewältigung bei der Lufthansa "nicht automatisch Arbeitsplatzabbau" bedeute, er forderte, dass "die allgemeine Verunsicherung" ein Ende haben müsse, als er die "Subventionszahlungen" an die Bahn anprangerte und als er die Verdienste Mayrhubers nach dem 11. September 2001 hervorhob.
Dieser allgemeinen Feierstimmung tat auch ein kurzer Zwischenfall gleich zu Beginn der Weber-Rede keinen Abbruch, als die Sicherheitskräfte es verhinderten, dass eine Gruppe von Demonstranten, die "Abschiebestopp" schrien, das Podium stürmen konnte.
Vom "Schlaukopf" bis zum "apokalyptischen Reiter"
Weber selbst würdigte die Störer nur kurz und setzte seine Rede fort. Dabei vertraute er leider zu stark auf die Macht der Worte, statt auf die Wirkung von Argumenten zu setzen. So war von "apokalyptischen Reitern", "Schlauköpfen", "Silberstreifen am Horizont", einem "reinigenden Bad", "Spreu und Weizen", "stürmischer See", einer "willkommenen Melkkuh" und "technischen Wunderwerken" die Rede. Das Programmatische kam dabei zu kurz. So blieb Weber zum Beispiel eine schlüssige Strategie für den Wettbewerb mit Billigfliegern (No-Frills-Airlines) schuldig.
Stattdessen gab der auch von den Anlegerschützern für sein "Lebenswerk" gelobte "Mr. Lufthansa" schon an seinem letzten Tag als CEO den Chef-Lobbyisten und kommenden Außenminister der Lufthansa.
"Was wir zurzeit erleben, kann sich die Menschheit - insbesondere Deutschland - nicht leisten", rief Weber den Aktionären zu. Die Agenda 2010 müsse zügig in "Reformgesetze gegossen" werden, blieb Weber auch in diesem Part seiner zum Teil leidenschaftlich vorgetragenen Rede seinem übertrieben bildhaften Stil treu.
Ein strategisches Erbe blieb Weber schuldig
Ganz im Gegenteil: Den Bogen gleich bis zu den "Wright Brothers vor 100 Jahren" schlagend, verschärfte Weber den eigentlichen Redetext. "Diese Branche hat in Summe niemals Geld verdient", so sein historisches Fazit, verbunden mit der Forderung, die Konsolidierung der Luftfahrtindustrie zu beschleunigen.
Wie das der Lufthansa, die es unter zwölf Jahren Weber-Führung ja bisher erfolgreich getan hat, künftig gelingen soll, war in der Kölnarena nicht im Detail zu erfahren. Das verwunderte umso mehr, da sich durch die in diesem Jahr auf HVs der Dax-Konzerne nicht gerade üblichen positiven Grundstimmung eine Chance bot, ein strategisches Erbe zu formulieren.
So wird Weber zwar als der Lufthansa-CEO in die Unternehmensgeschichte eingehen, der den Staatsflieger in eine Vorzeige-Airline transformierte, aber nicht für sich beanspruchen können, den "Aviation-Konzern" weit über seine Amtszeit hinaus gegen den der Branche innewohnenden Unbill nachhaltig gefeit zu haben.
Webers Rede zur HV 2003 im Wortlaut Aktien-Check: Lufthansa - Krise gut gemeistert Mayrhuber-Porträt: Auf leisen Schwingen Jürgen Weber: Der spät Berufene Lufthansa: Aufsichtsratssalär sorgt für schlechte Stimmung