Dosenpfand Doppelschlag gegen Trittin
Berlin - Es bestehe derzeit keine Rechtssicherheit für notwendige Milliardeninvestitionen in ein flächendeckendes System, teilte die Lenkungsgruppe führender Unternehmen aus Handel und Industrie mit.
Zuvor hatte die EU-Kommission die Bundesregierung ermahnt, möglichst rasch ein einheitliches Rücknahmesystem aufzubauen und brachte eine Aussetzung des Pfands bis zu dessen Aufbau ins Gespräch.
Die Kommission bemängelte in einem Brief, die gegenwärtige Situation könne "zu erheblichen Verlusten einiger Importeure aus anderen Mitgliedsstaaten führen". Diese verkauften fast ausschließlich Getränke in Einwegverpackungen, während deutsche Hersteller einen erheblichen Mehrweg-Anteil hätten.
Es bestehe auch der Eindruck, dass der Handel zunehmend Getränke in Einwegverpackungen aus dem Sortiment ausliste, schreib die Kommission weiter. Es gebe Zweifel, ob unverhältnismäßige Hindernisse für den innergemeinschaftlichen Handel vermieden werden können.
Die Modalitäten der gegenwärtigen Anwendung könnten daher einen schwerwiegenden Verstoß gegen Artikel 28 des Vertrages sowie einen Artikel einer Richtlinie haben, warnte die Kommission weiter.
"Daher würden wir es begrüßen, wenn Ihre Regierung sich verpflichten würde, so bald wie möglich und vor dem 1. Oktober 2003 ein Rücknahmesystem einzuführen, das mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist", heißt es in dem von EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein und EU-Umweltkommissarin Margot Wallström unterschriebenen Brief.
EU schlägt ein Aussetzen der aktuellen Regelung vor
"Hat Ihre Regierung erwogen, die Anwendung des gegenwärtigen Systems auszusetzen, bis ein System existiert, das den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts entspricht?", lautete eine der Fragen an Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne).
Die Lenkungsgruppe der Getränkeindustrie teilte mit Hinweis auf den Brief aus Brüssel mit, sie habe entschieden, ihre Arbeiten vorläufig ruhen zu lassen - obwohl sie im Zeitplan gewesen seien. Sie forderte die Bundesregierung auf, die Anwendung des bisherigen Systems auszusetzen.
Trittin warf der Wirtschaft vor, sie breche damit eine verbindliche Selbstverpflichtung. Die Kommission bemängele nicht die Pfandpflicht als solche, sondern ihren gegenwärtig eingeschränkten Vollzug.
Erst vergangene Woche hatte Trittin Vorschlägen des Handels, das Pfand durch eine Steuer von bis zu zehn Cent pro Liter auf Einweg-Getränkeverpackungen abzulösen, eine kategorische Absage erteilt. Auch eine von der Industrie erwogene privatwirtschaftlich ausgestaltete Fonds-Lösung an Stelle des Pfandes hatte er abgelehnt.
Das Dosenpfand gilt seit dem 1. Januar. Für bestimmte Einweg- Getränkeverpackungen werden seitdem je nach Größe 25 oder 50 Cent fällig.