Zement-Kartell Verfahren vor dem Abschluss
Berlin - Das Bundeskartellamt hat nach Medienberichten ein Rekordbußgeld in Höhe von rund 980 Millionen Euro gegen die deutsche Zementindustrie verhängt. Wie die Zeitung "Welt" vorab berichtet, haben die Bonner Wettbewerbshüter rund 30 Anbietern offizielle Bußgeldbescheide zugestellt.
Readymix, eines der betroffenen Unternehmen, bestätigte mittlerweile den Eingang. "Am Montag hat das Bundeskartellamt die Bescheide verschickt", sagte eine Unternehmenssprecherin der Nachrichtenagentur DPA-AFX. Die Strafe für Readymix werde ein "kleiner zweistelliger Millionen-Euro-Betrag" sein, hieß es weiter. Die wesentlichen Verfahren würden noch vor Ostern entschieden, bekräftigte eine Kartellamt-Sprecherin. Zum Stand der Verfahren wollte sie nicht Stellung nehmen.
Die Dyckerhoff AG wurde nach Angabe eines Konzernsprechers mit einem Bußgeld in Höhe von 95 Millionen Euro belegt. Gegen die Entscheidung werde Dyckerhoff Einspruch einlegen. Der Konzern habe eine andere Ansicht über "die Beurteilung der Mehrerlöse". Ein Strafgeld in der Höhe sei aber erwartet worden und die Summe sei in der Bilanz für 2002 zurückgestellt worden. "Es wird daher keine irtschaftlichen Auswirkungen für 2003 und die Folgejahre geben."
13 Monate Ermittlungstätigkeiten
Nach mehr als 13 Monaten Ermittlungstätigkeiten wäre das größte Kartellverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik damit vorläufig abgeschlossen. Offen ist, ob weitere beschuldigte Unternehmen Einspruch gegen die Bescheide einlegen werden. Die Wettbewerbshüter werfen den betroffenen Herstellern Preis- und Absatzabsprachen über die Dauer von mehreren Jahrzehnten vor.
Die Ermittlungen erreichten vorigen Sommer mit der Durchsuchung von etwa 20 Unternehmenszentralen im norddeutschen Raum den Höhepunkt. Dabei seien brisante Dokumente in die Hände der Ermittler gelangt, die eindeutig die Bildung eines Preis- und Quoten-Kartells belegen sollen, heißt es in gut informierten Kreisen. 29 von 30 beschuldigten Unternehmen hätten zwischenzeitlich die Verstöße zugegeben. Sie müssen mit Strafen zwischen 30 und 95 Millionen Euro rechnen.
HeidelbergCement weist die Vorwürfe zurück
Lediglich der Marktführer HeidelbergCement bestreitet nach Medienberichten weiterhin eine Beteiligung. Dem im MDax notierten Unternehmen droht nun ein Bußgeld in Höhe von rund 350 Millionen Euro. Durch die beschlagnahmten Dokumente würde die Beteiligung von HeidelbergCement "eindeutig nachgewiesen werden können", heißt es jedoch bei den Ermittlern, die damals an den Durchsuchungen beteiligt waren. Bei HeidelbergCement sind nach Konzernangaben noch keine Bescheide vom Kartellamt eingegangen. "Wir rechnen aber mit einem", sagte ein Sprecher.
Nach Erkenntnissen der Bonner Wettbewerbshüter habe das Zement-Kartell mehr als 30 Jahre existiert und dadurch die Preise für Zement künstlich hoch gehalten. Zudem sei zwischen den beschuldigten Unternehmen die alte Bundesrepublik, und nach der Wiedervereinigung aus die neuen Länder, in Absatz-Gebiete aufgeteilt worden.
Die entscheidenden Hinweise im Kartellverfahren haben die Bonner Wettbewerbshüter durch die Deutschland-Tochter des britischen Zementherstellers RMC, Readymix aus Ratingen, Anfang 2002 erhalten. Sie hätten nach Aussagen des Kartellamtes den Abschluss der Ermittlungen beschleunigt.
Auslöser des Kartellverfahrens waren allerdings Anzeigen von Kunden, die sich trotz bekannter Überkapazitäten über das Fehlen von Alternativ-Angebote und im europäischen Vergleich hohe Preise wunderten. Sie erstatteten daraufhin bereits vor zwei Jahren Anzeige beim Kartellamt.